Südfrankreich

Südfrankreich: Der Stau vor der französischen Grenze ist das Ergebnis der in Andorra einkaufenden Franzosen. Zigaretten sollen extrem billig sein. Schade, dass ich nicht mehr rauche. Was hätte ich da sparen können.
Noch muss ich aber glauben, dass die Öffnung gestern (02.06.2020) vielleicht nur eine rein innere Angelegenheit zwischen Andorra und Frankreich ist, denn Andorra steht, neben Spanien, auch unter französischer und somit zweifacher Amtsträgerschaft. Sowohl der Bischof von Urgell für Spanien, als auch der Präsident von Frankreich teilen sich historisch begründet die Funktion des Staatsoberhauptes. Somit könnten sich die im restlichen Frankreich geltenden Lockerungen auch auf Andorra auswirken, obgleich die Einreise für Ausländer nach wie vor erst ab dem 15. Juni möglich ist.
Ich kann es gar nicht erwarten zur Grenze zu kommen und überhole den gefühlt 2-3 km langen Stau und reihe mich kurz vor Erreichen des überdachten und damit trockenen Kontrollbereiches wieder ein. Langsam rollen die Fahrzeug vor mir an den Beamten vorbei. Gelegentlich wird eines angehalten, fährt dann aber weiter. Ganz wenige winkt man heraus und unterzieht sie offenbar einer größeren Kontrolle. Ich werde angehalten und auf französisch angesprochen. Nun ist mein französisch etwas besser als mein spanisch, da ich aber gar kein spanisch kann ist "etwas besser" eigentlich nur etwas mehr als nichts. Mein "Je suis Allemand" entlockt dem französischen Grenzbeamten dann aber doch ein überraschtes "Oh lala Allemand!" und meint zu seiner Kollegin vom Zoll, dass ich dann auch in deutsch bedient werden solle. So ähnlich habe ich es zumindest verstanden. Sie fragt mich, ob ich in Andorra Zigaretten gekauft habe und als ich die Frage verneine darf ich fahren. Kein Vorzeigen eines eigentlich noch verpflichtenden selbst auszufüllenden Reisedokumentes zur Einreise nach Frankreich nebst eidesstattlicher Erklärung, dass ich keine Symptome einer Corvid-19-Erkrankung aufweise. Ich habe zwar mit keinen großen Problemen gerechnet, dass ich aber bei der Einreise nach Frankreich nur aus zollrechtlichen Gründen angehalten werde überrascht mich dann schon. Den nächsten 2 Wochen bis zur völligen Aufhebung der Einreisebeschränkungen für Touristen sehe ich damit jetzt völlig entspannt entgegen.
Mein Plan oder sagen wir mal lieber meine Hoffnungen, dass ich mit der ersten Welle der Lockerungen und mit der Möglichkeit als Deutscher nach Hause fahren zu wollen, die Grenzen faktisch für mich nie verschlossen waren, ich dann in Spanien einreisen und mich frei und, mit Ausnahme am Unfallort, unkontrolliert bewegen konnte, sind in Erfüllung gegangen. Ich habe es bis nach Frankreich geschafft und dabei meine Route so fahren können, wie ich es wollte. Sowohl in Spanien als auch in Andorra war man gelegentlich überrascht, dass ich trotz geschlossener Grenzen reisen konnte, erntete dann aber nicht selten ein verschwörerisches Lächeln wenn ich ihnen sagte, dass ich offiziell auf der Heimreise sei.
Jetzt mache ich ein paar Tage Rast in Tuchan, einem Dorf mit knapp 800 Einwohnern in Okzitanien, in den Ausläufern der Pyrenäen gelegen. Scheinbar wird hier auf jeder nutzbaren Fläche Weinanbau betrieben. Ich übernachte in einer Art französischem Reihenhaus von Freunden. Eigentlich wollte ich Sigrid, ihr gehört das Haus, und Ronnie schon Ende März/Anfang April hier getroffen haben, aber durch Corona kam alles anders. So unternehme ich von hier aus ein paar Touren in die Umgebung und sehe abends den Bewohnern beim Boule zu und umgebe mich in der nahen, erst seit wenigen Tagen wieder geöffneten Kneipe beim Bierchen mit französischen Stimmen.
Am nächsten Morgen starte ich, dem Tipp eines Freundes folgend, bei grauem Himmel Richtung Carcassonne. Ich finde einen Abstellplatz für mein Motorrad und wundere mich, dass es eigentlich gar keine Parkplätze gibt. Später werde ich feststellen, dass ich auf der abgelegenen Seite angereist war und auf der touristischen Seite genügend Parkplatz vorhanden gewesen wäre. Allerdings wäre mir dadurch vermutlich eine besondere Sicht auf die Stadtmauer verwehrt geblieben. Ich erreiche das Stadttor und arbeite mich quasi von hinten nach vorn. Im Großen und Ganzen ist nicht viel los. Eine gut renovierte bzw. gut erhaltene mittelalterliche Festungsstadt mit Kirche und Burg. Eintritt hat es nicht gekostet, dafür kostet z. B. ein Sandwich aber auch schon mal 12€. Bei den Preisen halte ich mich aber lieber zurück.
Carcassonne
die innere Burg
Auf dem Rückweg gönne ich mir noch eine Burg, diesmal eine Ruine, aber dafür eine gut erhaltene. Das in 800 Meter Höhe auf einem steil aufragenden Felsen gebaute "Chateau de Perypertuse" war mir schon am Tag meiner Anreise aufgefallen, weil die Burgmauern wie eine Fortführung der Felswände wirken, ja fast eins sind mit ihnen. Die Burg war eine Festung und wie ich dann in einer Broschüre lese auch uneinnehmbar gewesen. Passend zur Burg und angelehnt an das im Mittelalter geltende Recht muss ich 7€ Wegzoll bezahlen, lege dafür aber auch den restlichen Weg nach oben über einen, durchs Unterholz und über Stock und Stein führenden Trampelpfad zurück. Flip Flops wären das absolut falsche Schuhwerk gewesen. 1 Euro Ermäßigung gibt es übrigens für Personen über 75 oder mit einem Behinderungsgrad von mindestens 80%. Mir kommt der Spruch aus einer Kneipe in den Sinn: Kredit nur für 80-jährige in Begleitung ihrer Eltern.
Chateau de Perypertuse
Blick vom oberen Teil der Burg auf den unteren
Oberer Teil
Sigrid und Ronnie meinten, dass man sich, wenn man schon in dieser Gegend sei, unbedingt auch Zeit nehmen solle für Narbonne und rieten mir über Peyriac-de-Mer und Bages zu fahren. Ich fahre über eine kurvenreiche Strecke Richtung Mittelmeer, dass ich vom Chateau de Perypertuse aus schon habe sehen können und mache einen Stopp in Peyriac-de-Mer am "Étang de Bages" (Teich von Bages), einer urwüchsigen Lagunen- und Salinenlandschaft südlich von Narbonne und so groß wie die Vorpommersche Boddenlandschaft. Peyriac-de-Mer und das nächste Dorf Bages sind kleine, verträumte Dörfer ohne Auffälligkeiten und wirken in der leicht hügeligen Landschaft wie kleine Farbtupfer. Wenn man von einem dieser Hügel herunterschaut, dann versteht man, warum das ganze Gebiet zu einem streng geschützten Naturpark erklärt worden ist. Dennoch stehen vereinzelt, teilweise fast ein wenig versteckt wirkend, Wohnmobile in der nur über holprige Wege zu erreichenden Wildnis entlang der Ufer vereinzelter Seenabschnitte.
Das einzige Foto dieser Landschaft
In Narbonne herrscht reges Treiben. Ich habe nicht den Eindruck als hätte es hier jemals Corona gegeben. Waren es in Spanien und Andorra vielleicht 5% die keine Atemschutzmaske trugen, so scheinen es hier höchsten 5% zu sein die eine tragen. In manchen Geschäften tragen die Mitarbeiter welche in anderen wieder nicht. Abstandsregeln sind nur etwas für die Markierungen auf dem Boden, ob nun an der Kasse im Supermarkt oder auf dem Marktplatz. Die Menschen in Frankreich scheinen so ganz anders mit der Pandemie umzugehen als ich es in Spanien, Portugal oder Andorra gesehen habe. In der Touristeninformation möchte ich mir einen Stadtplan holen. Eine Frau vor mir und ich, beide ohne Mundschutz, sind die einzigen Touristen. Die Frau wird von einer, hinter einer Scheibe sitzenden Mitarbeiterin mit Mundschutz herangewunken und offenbar nach ihrem Mundschutz gefragt. Sie kramt ihn daraufhin aus der Handtasche und legt ihn an. Mist, meinen habe ich im Tankrucksack vergessen. Ein zweiter Mitarbeiter, ohne Mundschutz, erscheint, winkt mich heran, fragt nach meinen Wünschen und händigt mir anschließend ohne weiteren Kommentar einen Stadtplan aus. Weil ich mir anschließend die Kathedrale von innen ansehen möchte, im Eingangsbereich steht ein Schild mit Hygiene- und Abstandsregeln, kaufe ich mir zuvor in einer Apotheke für 95 Cent eine Maske. Weder die drei Mitarbeiterinnen noch zwei Kundinnen tragen Masken. Die einzigen Orte wo man wirklich Abstand hatte waren die Kirchen, aber wer geht bei schönem Wetter da schon hin.
Leider gibt es durch einen Fehler meinerseits so gut wie keine Fotos von Narbonne und rund um den Étang de Bages
Narbonne am Canal de la Robine mit den Türmen der Kathedrale im Hintergrund
Tags: Frankreich