Pyrenäen (die-weiblich-natürlich-kurvenreich)

Spanien. Nein, in Barcelona war ich nicht. Ich dachte mir, dass man für Barcelona mehrere Tage einplanen sollte und die Stadt das auch wert sei. Außerdem finde ich, dass man Barcelona zu zweit erkunden muss und da gebe ich die Hoffnung noch nicht auf.
Wie schnell doch die Zeit vergeht. Nach Valencia übernachte ich in Amposta. Amposta selbst hat nicht viel zu bieten, allerdings ist das Umfeld, insbesondere das Delta des Ebro interessant. Ich lese, dass dort Flamingos anzutreffen seien. Ich entschließe mich also auf meinem weiteren Weg in Richtung Montserrat und seinem berühmten Kloster, etwa 50 km nördlich von Barcelona entfernt, zu einem kurzen Abstecher. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit weiß, aber bereits ahne, dass ich durch ausgedehnte Reisanbaufelder fahre. Wie ich später lese wurde der Reisanbau bereits im 8. Jahrhundert durch die Mauren eingeführt und bedeckt heute etwa 75% der Gesamtfläche des Delta. Ich hätte nicht gedacht, dass in Spanien Reis angebaut wird. Flamingos sehe ich dann tatsächlich auch. Überhaupt sehe ich unglaublich viele unterschiedliche Vogelarten. Von einem der Vogelwarte aus, kann ich dann den entfernt im Wasser stehenden Flamingos zusehen und habe Glück weil ein Flamingo relativ nahe an mir vorbeistolziert und dann sogar zum Flug abhebt.
Auf der Weiterfahrt zeigt mir meine Navigation einmal mehr sehr eindringlich, dass ich im Vorfeld die Parameter entsprechend einstellen sollte. Da mein Navi im Augenblick Schwierigkeiten macht navigiere ich über mein Handy und da erstmals über eine andere App. Plötzlich stehe ich auf einem in den letzten Jahren vermutlich nicht mehr sehr oft befahrenen Ackerweg. Das Gras rechts und links der Fahrspur hat eine beachtliche Höhe erreicht und schlingt sich gelegentlich um die Fußrasten, zumindest fühlt es sich so an und zwischendurch schlägt mir dann auch noch dicht am Weg stehendes Schilf gegen den Helm. Na gut, du hast es ja nicht anders gewollt. Hier kannst du üben, sage ich mir und fahre los. Irgendwann jedoch deckt sich der Weg nicht mehr mit der Routenführung im Handy und ich muss umdrehen, weil es schlicht weg nicht mehr weiter geht. Ich bin schon auf dem holprigen Rückweg als "Pedro" in seinem Kleinwagen erscheint. Ich nenne ihn mal "Pedro" weil er für mich den Typ "mexikanischer Kleinbauer" repräsentiert. Offenbar bewohnt er das kleine Bauernhaus an dem ich vorbeigefahren war. Er war mir gefolgt, vermutlich ahnend, dass ich seine Hilfe benötigen könnte. Wir wechseln ein paar Worte, er auf spanisch und ich auf englisch und ich bin mir sicher, dass sprachlich gesehen keiner den anderen verstanden hat, aber es gibt ja immer noch Hände und Füße. Und selbst einem spanischen Bauern, dem ich nun wirklich keine mangelnde Intelligenz unterstellen möchte, war wohl klar, dass einer aus Deutschland, denn "Alemania" und "No hablo espanol" beherrsche ich mittlerweile extrem gut, im Acker stehend falsch am Platz sein muss. Er gibt mir Handzeichen und so fahre ich hinter ihm her. Zum Schluss macht er eine große halbkreisförmige Handbewegung und zeigt mir einen Ackerweg der mich offenbar zu diesem imaginären Halbkreis führen soll, greift hinter seinen Beifahrersitz und holt einen ziemlich großen Kopfsalat hervor. Leider muss ich aus Platzgründen ablehnen.
Mit "Pedro" am Abzweig
Kurz nachdem ich in Vacarisses, gegenüber des Montserrat, dem 1200 m hohen Katalanischen Wahrzeichen eintreffe, geht ein unglaubliches Gewitter herunter. Wieder einmal habe ich Glück, denn die etwa 5 mm großen Hagelkörner hätte ich auch nicht unbedingt abbekommen wollen.
Blick vom Frühstückstisch auf den noch halb im Nebel steckenden Montserrat
Kloster Montserrat
Der Besuch des Klosters Montserrat verläuft dann genauso wie bei alle anderen Sehenswürdigkeiten in den letzten Wochen. Es ist geschlossen. Und selbst die steilste Seilbahn Europas bleibt mir im wahrsten Sinn verschlossen. Viel Zeit hätte ich normaler Weise für eine Innenbesichtigung sowieso nicht erübrigen wollen, aber nach den vielen geschlossen Gebäuden in den letzten Wochen wäre es an der Zeit auch mal wieder eine Innenbesichtigung durchführen zu können. Okay, dann also weiter nach Girona. In Girona dann auch die immergleiche Situation. Interessante Gebäude jedoch geschlossen.
Kathedrale von Girona
Gleiche Situation auch am Morgen in dem kleinen mittelalterlichen Städtchen Pubol. In Pubol wollte ich mir eigentlich die Burg ansehen, die Salvatore Dali 1968 kaufte, renovierte und dann seiner Frau Glala schenkte, die dort auch begraben liegt. Den berühmten von Salvatore Dali geschaffenen Elefanten mit den spinnenlangen Beinen habe ich natürlich auch nicht gesehen.
Die Burg des Salvatore Dali
Okay, dann weiter auf zur vorletzten Etappe Richtung spanischer Grenze. Allerdings nicht so, wie es sich Spanien vielleicht gedacht hatte. Mein Ziel ist nicht der kürzeste und sicher auch nicht der schnellste Weg. Mein Ziel ist Andorra.
Es ist das erste mal das ich in den Pyrenäen unterwegs bin, vielleicht auch schon zu lange allein, und da kann man mitunter vielleicht auf wundersame Gedanken kommen. Während ich die immer wiederkehrenden gleichmäßig geschwungenen Kurven fahre in denen man ohne Schwierigkeiten jeden kantigen Reifen wieder hätte rundfahren können, schießt es mir irgendwann durch den Kopf "Was sind die Pyrenäen geil". Und damit entstand die Überschrift dieses Beitrages.
Es gibt immer einen Weg und selbst hier ging es mit etwas rangieren weiter
In "Ribes de Freser" möchte ich eine entspannte letzte Übernachtung einlegen. Das Hotel, für das ich eine Buchungsbestätigung erhalten hatte, ist jedoch geschlossen. Ich wähle die angeschlagene Nummer und der Besitzer erscheint nach kurzer Zeit. Nachdem er mir anfangs noch Hoffnung auf ein Zimmer und etwas zu essen und zu trinken macht, kam er nach einiger Zeit zurück und erklärt mir zu meiner Überraschung, dass es den Hotels in Spanien zur Zeit verboten sei Gäste aufzunehmen. Im Übrigen käme ich auch aus Deutschland, womit er offenbar zu erklären versuchte, dass Buchungen aus dem Ausland zur Zeit auch nicht möglich seien. Dass ich ihm widerspreche und ihm erkläre das Spanien sich zur Zeit in der sogenannten "Phase 1" befinde und Hotels und auch Privatvermietern wieder gestattet sei zu öffnen quittiert er mit einem Achselzucken. Da fährt man einmal quer durch Spanien und hat unterwegs keinerlei Probleme und dann steht man plötzlich vor einem geschlossenen Hotel. Der Hotelier hatte offenbar schlichtweg verpennt sein Hotel abzumelden oder keine Lust gehabt überhaupt für mich zu öffnen. Das nachfolgende, vom Hotelier veranlasste Telefongespräch mit booking.com führt dann zu einer etwas teureren Alternative bei der allerdings jegliche Versorgung ausgeschlossen und ich auch der einzige Gast im Hotel sei. Personal gäbe es keines, aber man werde mir nach meiner Ankunft einen Schlüssel vorbeibringen.
Mit leicht dickem Hals, den ersten Regentropfen auf der Jacke und einer drohenden dunklen Wolkenwand im Rücken fahre ich wieder den Berg hinunter und komme an einem Hinweisschild zu einem Campingplatz vorbei. Zwar habe ich auch ein Zelt dabei, aber bei Temperaturen um 15 Grad, Tendenz für die Nacht sinkend, und der Wetterlage möchte ich mir das eigentlich ersparen, hoffe aber auf eine Hütte oder ähnliches.
Es wird ein voller Erfolg. Über die englisch sprechende Tochter des Restaurantpächters erreiche ich nach Darstellung meines Problems nach kurzer Zeit den Inhaber des Campingplatzes, der mir dann einen Holzbungalow mit Bad, Küche und Panorama-Blick zum Spezialpreis von 25€ offeriert. Im Restaurant bekomme ich, obwohl eigentlich nur wegen einer privaten Gesellschaft geöffnet ist, für schmales Geld ein hervorragendes Essen und habe anschließend mit Dennis, einem russischstämmigen, deutsch sprechenden Vater aus Barcelona und nach eigenem bekunden Dichter mit über 50 geschriebenen und teilweise publizierten russischen Gedichten und seiner in der Schweiz zur Schule gehenden Tochter Marie ein Länder überspannendes Gespräch.
Ist schon irre wie sich die Dinge manchmal wegen eines blöden Hoteliers verändern können. Nass geworden bin ich auch nicht mehr, das spare ich mir für morgen auf, denn die Aussichten sind nicht sehr rosig.
Campingplatz Rezeption
Bungalow Nr. 5
Tags: Spanien