Sierra Nevada

Spanien: Nachdem ich das schon frühmorgendliche Treiben an einem Rastplatzhotel miterlebe, wo offenbar jeder vorbeifahrender Kraftfahrer, bis hin zur Polizei, für ein kleines Frühstück oder nur einen Kaffee anzuhalten scheint, mache ich mich auf in die Sierra Nevada. Doch da wäre ich fast nicht angekommen.
Ich habe Zeit, denn die heutige Etappe ist nicht besonders lang und so überlege ich, ob ich nicht vorher noch einen kleinen Stopp in Granada einlegen sollte. In einem kleinen Dorf, die Geschwindigkeit ist dort auf 40 km/h reduziert und ich halte mich sogar mal daran, kommt von rechts ein Pkw die schräg zur Hauptstraße ansteigende Seitenstraße und will nach links in die Hauptstraße einfahren. "Anfahren am Berg" ist nicht jedermanns Sache und in diesem Fall jeder Frau und da kann auch eine kleine Steigung schnell zu einem Problem werden. Trotzdem sollte man, vor allem wenn genug Platz vorhanden ist an der Einmündung anhalten, zumal ein entsprechendes Stoppschild auch darauf hinweist. Wenn man dann durch Blickkontakt das Gefühl hat man sei vom Vorfahrtachtenden gesehen worden, es auch gar nicht anders gehen kann, da die Straße in spitzem Winkel einmündet und der Wagen einem quasi entgegenkommt, kommt irgendwann der Bruchteil einer Sekunde in dem man erkennt, dass man nicht erkannt worden sein könnte. Das ABS rüttelt Mensch und Maschine durch, wobei dass Gesamtgewicht durch Fahrer und Beladung dem Ganzen noch einen gewissen Schub verleiht und beide kommen wir weniger als einen Meter vor der Stoßstange des mitten in meiner Fahrtrichtung angehalten Pkw zum Stehen. Ein mit Atemschutzmaske verkleidetes älteres Frauengesicht guckt mich mit großen Augen an und zuckt entschuldigend die Schultern. Ein kurzer Fluch und tief durchatmend fahre ich weiter. Da hatte ich ganz offenbar deutlich mehr Glück als der Motorradfahrer von gestern.
Spanien ist schon ein komisches Autofahrerland. Die Einen trinken schon morgens an der Raststätte den ersten Cognac, Andere fahren als stünden sie ständig unter Drogen und wieder Andere als hätten sie gar keinen Führerschein. Und zum Teil soll es auch so sein, zumindest, wenn man den Erzählungen meiner letzten Vermieterin glauben schenkt. Ich tue es mal, denn die Realität scheint es zu bestätigen.
In Granada will ich der Alhambra einen Besuch abstatten, obwohl ich ahne, dass es bei einem Versuch bleiben könnte. P1 sei frei wird mir an der Einfahrtsschranke per Leuchtanzeige mitgeteilt und so ziehe ich ein Ticket, denn anders wäre ich nicht durchgekommen. Nach kurzer Fahrt stelle ich beim Einbiegen auf den von Bäumen und Büschen umgebenen Parkplatz fest, dass ich das zweite Fahrzeug bin. Da ich schon mal da bin, gucke ich mir wie sonst auch, das Ganze eben nur von außen an. Auf halber Strecke, die ganze Zeit abwärts gehend, drehe ich um. Mehr als nur Burgmauer von außen habe ich nicht sehen können. Beim Verlassen des Parkplatzes P1 denke ich noch darüber nach, ob es an der Ausfahrt wohl eine kleine Lücke im Schrankenbereich gibt, steigt in Höhe der Kassenautomaten einer junger Mann in gelbem Polo-Shirt mit irgendeinem offiziell aussehenden Aufdruck aus seinem Wagen aus, hält mich an und fragt mich auf englisch, ob ich mein Ticket schon bezahlt habe. Was soll ich hier groß diskutieren und bezahle am Automaten 2,15 € für 1x Kurzparken, 1x Nichts gesehen und 1x pinkeln hinter den Büschen, denn die Toiletten sind auch nicht geöffnet.
Vielmehr gab es von der Alhambra nicht zu sehen
Bis zum Check-in habe ich noch genügend Zeit und so nehme ich die bis zu einer Höhe von 2500 Meter befahrbare Sierra Nevada in Angriff. Ich erlebe leere, breite gut ausgebaute Straßen, eine unglaubliche Landschaft und atemberaubende Weitblicke.
Neben Motorrad fahren sagt man, seien die 3 beliebtesten Hobbys eines Mannes Segeln, Kegeln und... Richtig: wandern und deshalb fahre ich nach Monachil einem kleinen netten Dorf, das bekannt ist als Ausgangspunkt für viele Wander- und Klettertouren.
Während der Spanier aus nachvollziehbaren Gründen sich während der späten Mittagszeit zur Siesta zurückzieht, kommt ein bekloppter norddeutscher Flachlandtiroler auf die Idee bei knapp 30 Grad die Gegend nach Hängebrücken abzusuchen. Dauer der veranschlagten Runde ca. 2,5 Stunden. Die Wasserflasche ist schon nach der Hälfte der Zeit leer, aber Gott sei dank geht es zum Schluss nur noch bergab. Wenn das mein Kardiologe wüsste.
Von Konditionsmangel keine Spur.
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