Der springende Punkt

Spanien: Bei den alten Eisenhaufen wusste man, dass der Reservehahn umlegt werden musste wenn der Motor zu spucken begann und man wusste auch, dass das nicht mehr lange gut gehen würde.

Ich bin schon auf dem Rückweg, habe einen Termin in einer Werkstatt und, weil es schneller geht, in einem 60 km entfernten Ort einen Kettensatz gekauft. Ich mache einen kleinen Abstecher nach Arcos de la Frontera, eines der so genannten weißen Dörfer. Enge steile Gassen und zum Teil direkt am Abgrund eines hohen Felsens gebaut. Auf der Weiterfahrt dann ein Überholversuch. Gang runter und Gas geben, aber nichts passiert. Ich ahne schon und stelle dann fest, dass die Kette abgesprungen ist. Ich kann sie wieder draufsetzen und komme ebenfalls zu der Erkenntnis, dass das nicht mehr lange gut gehen wird. Und obwohl ich kein Risiko mehr eingehe springt die Kette kurz vor meiner Unterkunft nochmal ab. 2 Stunden später ist die neue Kette drauf.

Blick auf Arcos de la Frontera

Zwei Tage vorher unternehme ich eine Tagestour nach Sevilla. Sevilla gefällt mir gut. Auch hier wieder wenig Menschen unterwegs, allerdings komme ich kurz vor Beginn der Siesta. Hätte nicht gedacht, dass die Siesta ein Straßenfeger ist. Mir ist es recht. Leider ist natürlich nichts geöffnet und so schlendere ich erneut durch die Gegend. Besonders beeindruckt bin ich von der Kathedrale und der Plaza de Espana. An der Plaza de Espana lassen mehr als 10 kleine, alle gleich aussehende verschlossene einachsige Souvenirwägelchen, Schilder mit Hinweisen auf oder für Kutschen und eine kleine Armada von vertäuten Tretbooten in einem für diese Menge in meinen Augen viel zu kleinem Graben, darauf schließen, dass sich normaler Weise vermutlich deutlich mehr Menschen dort aufhalten, als nur die anwesenden vielleicht 10 Personen. Das halbkreisförmige um einen Springbrunnen gebaute schlossähnliche Gebäude beinhaltet ein Museum, dass vollgestopft sein soll mit Waffen und anderem Kriegsgerät. Der Eintritt soll frei sein, geöffnet hat es jedoch nicht. Als aus Richtung Unterkunft dunkle Wolken auftauchten mache ich mich auf den Rückweg und komme noch gerade rechtzeitig trocken an.

Kathedrale

Stierkampfarena in Sevilla

Plaza de Espana

Tags darauf fahre ich nach Gibraltar und werde diesmal auf der Rückfahrt kein Glück haben. Unglaublich welche Wassermassen vom Himmel fallen. Ich fahre nicht nach Gibraltar rüber und tröste mich mit dem Gedanken, dass ich in Gibraltar vermutlich nicht viel versäume. Ich will wegen ein paar Affen (Doppelsinnigkeit rein zufällig) nicht das Risiko eingehen möglicher Weise nicht wieder nach Spanien einreisen zu können. Was ich gerne erlebt hätte wäre eine Flugzeuglandung oder ein Start gewesen. Die Hauptstraße kreuzt die Start- und Landebahn und bei jedem Start oder einer Landung wird die Straße per Schranke geschlossen. Es muss schon beeindruckend sein, wenn man ganz vorne an der Schranke steht und einem ein Flugzeug direkt vor der Nase vorbeirauscht. Da aufgrund Corona der Flugbetrieb deutlich eingeschränkt worden war, ich zudem an einem Sonntagnachmittag dort bin und die ganze Zeit über auch kein einziges Flugzeug höre, wäre mir das Vergnügen eines landenden oder startenden Flugzeuges also gar nicht vergönnt gewesen. Somit wären nur noch der für Gibraltar ebenfalls berühmte Affenfelsen mit seinen Affen übrig geblieben. Freche Affen hatte ich aber schon mal in Südafrika kennengelernt, das wollte ich mir ersparen. Ich belasse es mit einem Blick auf Gibraltar und den Affenfelsen aus der Distanz und habe damit gleichzeitig ein Postkartenmotiv.

Und dann heißt es Abschied nehmen von Karl und Petra aus Baden-Baden. Ich hatte mit der Unterkunft einen echten Volltreffer gelandet und sogar noch einmal um 2 Tage verlängert. Jetzt hält mich aber auch nichts mehr zumal ich erfahren habe, dass auch Italien absehbar die Grenzen wieder öffnen wird. Meine Euphorie geht aber ein wenig den Bach runter, weil ich beim Buchen weiterer Unterkünfte eine Absage nach der anderen bekomme. Insbesondere fehlt mir immer die Anschlussübernachtung. Offenbar scheint es sich bei den Privatanbietern noch nicht überall rumgesprochen zu haben, dass sie in "Phase 1" wieder vermieten dürfen. Offenbar weiß man das bei der Polizei aber auch nicht.

Unterkunft in Prado del Rey

Von Prado del Rey fahre ich auf der so genannten Straße der "weißen Dörfer" nach Grazalema, trinke auf dem kleinen Kirchplatz einen Kaffee und werde von der freundlichen Bedienung darauf aufmerksam gemacht, dass ich da wo ich stehe ein Strafmandat bekommen könnte. Dann geht es weiter nach Zahara und von dort nach Ronda.

die beide Stadtteile verbindende Brücke in Ronda

Es ist eine hammergeile Strecke. Fast allein auf der Straße jagt eine Kurve die nächste. Die Kulisse ist einfach traumhaft und in 1200 Meter Höhe habe ich eine unglaubliche Weitsicht. Und dann komme ich von der Hauptstraße ab.

Nein, ich lande nicht im Graben, sondern auf einer hügeligen, kurvenreichen Nebenstrecke entlang eines smaragdfarbenen Stausees. Teilweise steht der überall in großen Mengen gelbblühende Ginster so dicht am Straßenrand, dass die schmale Straße, auf der sich keine zwei Pkws gefahrlos begegnen könnten, zusätzlich eingeengt wird. In dieser menschenleeren Gegend taucht plötzlich hinter der nächsten Kurve eine scheinbare Polizeikontrolle auf. Ich sehe einen Streifenwagen, zwei Polizeimotorräder und einen zivilen Pkw. Vier Polizisten und ein oder zwei junge Männer stehen auf der Straße. Das glaube ich jetzt nicht. Was wollen die hier? Schnell ist dann aber der Grund ihrer Anwesenheit geklärt. Der vermeintliche Zivilwagen ist ein Privatwagen der dort mit einem Motorrad zusammengestoßen war. Der Motorradfahrer war bereits abtransportiert worden und nun wartete man nur noch auf den Abschleppwagen. Ein Beamter der "Guardia Civil" gibt mir Handzeichen zum Anhalten. Vielleicht ist es mein vollgepacktes Motorrad und mein für spanische Verhältnisse eher unübliches Aussehen eines Motorradfahrers, denn er beginnt sofort zu lamentieren und gestikulieren. Englisch kann er offenbar nicht, trotzdem versuche ihm auf englisch zu erklären, dass ich wegen Corona in Portugal festgehangen hatte, auf dem Rückweg nach Deutschland und im Augenblick auf dem Weg zu meinem Hotel sei. Ein anderer Beamter gibt ihm nach einem Blick auf mein Kennzeichen zu verstehen, dass ich Deutscher sei. Daraufhin erfahre ich von ihm in zwei drei Brocken englisch, dass ich in Spanien gar nicht reisen dürfte und alle Hotels sowieso geschlossen hätten. Ich habe das Gefühl, dass er der Meinung ist ich müsse ohne zu übernachten durch Spanien durchfahren. Der andere Beamte, der überraschender Weise dann doch etwas englisch spricht, mischt sich ein und will von mir wissen wie lange ich denn schon in Spanien sei. Dann wechselt er mit seinem Kollegen ein paar Worte und winkt mich anschließend an der Unfallstelle vorbei.

Im Vorbeifahren sehe ich, dass das am Unfall beteiligte Motorrad nur noch Schrot ist und möchte nicht wissen wie der Fahrer erst aussehen wird.

Gegen Nachmittag erreiche ich dann das geöffnete Hotel, dass offenbar auch bei Truckern beliebt zu sein scheint. Der junge Mann an der Rezeption bestätigt mir, dass in Spanien wieder vermietet werden darf und die Hotels wieder öffnen dürfen.

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