Impressionen

Tag 64 - Portugal: Als ich vor über 2 Monaten aufbrach dachte ich, dass ich um diese Zeit eigentlich bald in Kroatien und nicht wochenlang in Portugal sein würde. Trotzdem bin ich immer noch froh nicht in Frankreich, Spanien oder Italien hängen geblieben zu sein.

Trotz Baustelle vor der Tür habe ich beschlossen hier zu bleiben. Sie ist für mich nicht mehr der anfänglich lärmende Moloch, sondern steht schon fast für etwas Normalität. Es gelingt mir mittlerweile auch den Blick über die Baustelle hinweg zum Meer zu lenken und wenn an stürmischen Tagen die Wellen donnernd auf den Strand schlagen, so scheint es als wollten sie so manches Hämmern und Schleifen übertönen. Nachdem die Möglichkeiten an eine adäquate Bleibe zu kommen sich nicht als besonders groß herausgestellt hatten, wenn Algarve, dann auch mit Nähe zum Meer, und der Frust weg und Lärm der ersten Tage weniger geworden war, ziehe ich einen zur Zeit noch unverbauten Blick aufs Meer dem Hinterland vor.

Blick aus meinem Schlafzimmerfenster...

und von meinem Balkon aus

Wenige Kilometer entfernt beginnen die Ausläufer der Serra de Monchique. Das Gebirge hat neben vielen guten asphaltierten, verkehrsarmen und äußerst kurvenreichen Straßen auch einiges an Off-Road und Überraschungen zu bieten.

Die Straße schon im Blick

Durch die Kombination aus Motorrad fahren und einer Wanderung am Wasser, wobei es nach wenigen 100 Metern kilometerweit an der Felsküste Richtung Westen und in östlicher Richtung 6-7 km am Sandstrand entlang geht, der dann ebenfalls in die für die Algarve typische, zerklüftete, aber nicht mehr ganz so hohe Felsküste übergeht, hielt sich die Langeweile bis dato in Grenzen. Trotzdem beginnt mir der portugiesische, nicht selten blaue, zuweilen aber auch graublaue Himmel langsam auf den Kopf zu fallen. Wenn wenigstens mal ein Gespräch über irgend einen Gartenzaun möglich wäre. Da es an manchen Tagen auch schon mal regnet und man nicht nur wandern und Motorrad fahren kann, kann ich mich wenigstens zwischendurch bei einem Hörbuch oder Daddeln am Laptop von diesem "Stress" erholen.

Lagos

Bei bestem Wetter fuhr ich vorgestern erneut in die Nähe von Lagos, um an dem dortigen besonders schönen und felsigen Küstenabschnitt, mutig geworden meine praktischen Fähigkeiten im Drohnenflug zu erweitern. Über eine lange Treppe, die zwischen den Felsen steil nach unten zum hell- bis dunkelgrün schimmernden und von Felsformationen umgebenen Wasser führte, kam ich an einem kleinen, nur wenige Quadratmeter großen betonierten Anleger an, an dem aber schon 5 junge Männer, von oben nicht einsehbar, ihren Spaß beim Baden hatten. Es stellte sich schnell heraus, dass es sich mit wenig englischsprachigen Kenntnissen um russisch sprechende Kasachen und Usbeken handelte die in Portugal arbeiten. Ihre freundliche Distanz schien gepaart zu sein mit Skepsis. Nachdem ich eine ihrer ersten Fragen, ob ich von der Polizei sei, verneint hatte, entstand aber eine lockere Atmosphäre. Innerlich amüsierte ich mich, denn weder mein äußeres Erscheinungsbild noch meine Sprachkenntnisse passten zu einem portugiesischen Polizisten. Ich vermutete daher auch, dass sie entgegen der Notstandsverordnung vielleicht etwas Fracksausen hatten ob ihres gemeinsamen Badens. Oder hatte ich vielleicht meinen Jahrzehnte lang erprobten "Blick" aufgelegt?

Als ich die Drohne dann auspackte und aufsteigen ließ war es, als wenn man bei in der Nähe stehenden Männern die Motorhaube eines Sportwagens öffnet. Begeisterung pur. Letztendlich tauschten wir unsere Telefonnummern aus und ich versprach Ihnen das Video zu schicken auf dem sie zu sehen wären.

Auch wenn ich auf meiner Tour vielleicht nicht mehr nach Kasachstan und Usbekistan kommen werde, so hatte ich doch wenigstens durch dieses kleine Zusammentreffen einen ganz kleinen Hauch von Seidenstraße und Zentralasien.

Zwei Tage später erhielt ich, quasi als Dankeschön, das Video mit Musikuntermalung zurück.

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