Algarve

Tag 34 - Portugal: Nachdem ich nun 4 Tage in Evora war, ging es gestern weiter in Richtung Algarve, wo ich beabsichtige ein paar Tage zu bleiben. Ich bin nicht gezwungen nach Hause zu fahren, sondern könnte Wochen und Monate in Portugal bleiben. Könnte.

Natürlich gibt es gute Gründe für einen Abbruch und eine Rückreise nach Deutschland. Aber um nach Deutschland zu kommen, und ich würde auf jeden Fall mit dem Motorrad zurückfahren, komme ich auch durch "gefährliches Fahrwasser". Ich hätte, wollte ich nicht gänzlich nur im Zelt übernachten, was ich in Spanien allerdings tun müsste, da alle Hotels und Campingplätze geschlossen werden, fast zwangsläufig mehr Kontakt mit Anderen und dadurch eine höhere Wahrscheinlichkeit mich anzustecken, als wenn ich hier, zwar mit "Abstand" aber vollversorgt abwarte. Gänzlich auf Hotels zu verzichten, hieße in Anbetracht der zur Zeit herrschenden Nachtemperaturen in meinen Augen Pest oder Cholera. Corona oder erfrieren. Okay, vielleicht nicht ganz. Im Übrigen sind die Fallzahlen auch nicht gerade verlockend, so dass ich mich im Augenblick hier in Portugal sicherer fühle, als wenn ich mich auf den Heimweg begeben würde. Wäre ich Zuhause oder ansatzweise in der Nähe gäbe es überhaupt keine Zweifel, aber es ist und bleibt eine verdammt lange Strecke. Das Ganze erinnert mich an einen Film, in dem man sich auf die rettende Insel nur schwimmend begeben kann, sich das Wasser aber mit Haien teilen muss. Sollte sich die Lage hier in Portugal allerdings verschlechtern oder, was nicht komplett ausgeschlossen ist, mein Gemütszustand, hoffe ich, dass wenigstens die Temperaturen gestiegen sein werden.

Im Hotel in Evora hat man alles getan, um eine Ansteckung zu vermeiden. Nach jeden Gang zum Buffet musste man sich die Hände desinfizieren und nach dem Essen wurden neue Tischdecken aufgelegt und Tisch und Stühle gründlich desinfiziert.

Gestern morgen gab es allerdings die nächste Einschränkung, denn das Frühstück wurde nicht mehr in Buffetform sondern, wie im Krankenhaus, aufgrund einer am Abend zuvor abgefragten Auswahl zusammengestellt und serviert.

Alles in allem passte gestern der graue Himmel und die nahende Gewitterfront zur allgemeinen Situation. Daniel, der die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hatte, es könnte noch eine Grenzöffnung geben um seine Reise, zeitlich etwas abgespeckt zwar, noch fortführen zu können, und ich verabschiedeten uns. Sein Urlaubsende setzte ihm allerdings Grenzen des Wartens. Er wollte sich Richtung Nordspanien durchzuschlagen. 

Die Temperaturanzeige im Display des Tachos zeigte zwischenzeitlich einen Maximalwert von 8.5 Grad an. Es regnete. Kurvenfahren fiel erstmal aus. Auf fast leeren Straßen ging es überwiegend geradeaus. Als knapp 100 Kilometer vor dem Ziel die Sonne wieder durchkam und die Temperaturen auf 15 Grad stiegen, holte ich das Kurvendefizit im Monchique-Gebirge nach.

Wenig später bezog ich mein Zimmer in der Appartementanlage. Ein kleiner Supermarkt mit relativ moderaten Preisen versorgte mich mit dem ersten Bier. Mein Abendessen erhielt ich als "Take-away" am Fenster des Restaurants. Essenausgabe im Auffanglager - Sarkasmus aus.

Heute Morgen hatte ich an der Rezeption meine Registrierung vornehmen wollen, die scheinbar auch ohne Corona in Portugal vorgeschrieben ist, aber es war keiner da. Na gut, sagte ich mir, man will ja was von mir und machte mich auf den Weg ein wenig den Ort zu erkunden in dem ich vorhatte ein paar Tage zu bleiben.

Carvoeiro, wie fast jeder Ort an irgendeiner Küste mal ein Fischerort, hatte sich jedenfalls zu einem beliebten Ferienort gemausert, wenn  man denn dem Internet glaubte und der Bebauung. Keine Hochhäuser oder ähnliches. Überwiegend Villen und einstöckige Häuser. Auf den Straßen jedoch fast gähnende Leere und auch nur vereinzelt Lebenszeichen in den Häusern.

Im Ortskern spreche ich einen Polizisten an, an dem ich vorbeikomme als dieser an seinem vor der Wache stehenden Streifenwagen steht und erkundige mich nach der aktuellen Verhaltenssituation. Eigentlich ist es mehr ein "Angriff" bevor es zu einer "Verteidigung" werden könnte, denn im Grunde weiß ich ja Bescheid. Während er mir erklärt, dass ich eigentlich im Hotel zu sein habe und nur aus ganz bestimmten wenigen Gründen mich auf der Straße aufhalten dürfe, gehen in zeitlichem Abstand 4-5 Personen an uns vorbei ohne angesprochen oder sanktioniert worden zu sein. Nachdem ich erwähne, dass ich Deutscher sei und mit Motorrad auf Europareise, kann ja vielleicht nicht schaden, lacht er und meint, dann besser in Portugal als zur Zeit in Deutschland. Er setzt sich anschließend in seinen Streifenwagen und ich meinen Weg zur nahen Steilküste fort. Unterwegs dann doch vereinzelt Fahrzeuge im Ort. Anhand der Kennzeichen scheint es sich aber mehr um Bewohner als um Touristen zu handeln. Auf der Bretterpromenade begegnen mir vereinzelt Spaziergänger, meist Pärchen, meist Ältere und ein paar 100 Meter weiter nehme ich mein erstes, kurzes Sonnenbad.

Später inspiziere ich die Anlage und stelle fest, dass ich scheinbar der Einzige Bewohner bin...…. 

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