1001 Nacht - Seidenstraße - Samarkand

Nach Samarkand wären es ca. 300 km auf der Schnellstraße. Auch nicht sehr spannend.

Ich wähle eine Nebenstrecke und zugleich einen kleinen Umweg. Letztendlich lande ich wieder größtenteils in der Wüste. Dennoch ist die Strecke gar nicht mal so schlecht, auch was den rauen Asphalt betrifft.

Nicht lange hinter Buchara fahre ich auf einen beschrankten Bahnübergang zu, als das Rotlicht zu blinken beginnt. Mehr aus Neugierde als aus Pflichtbewusstsein halte ich an. Die Schranken gehen runter und kurz danach klappen aus dem Boden über die ganze Fahrbahnbreite Fahrzeugsperren hoch. Anscheinend weiß man um das hiesige Pflichtbewusstsein. Kurze Zeit später donnert ein  längerer Zug vorbei.

Wenige Kilometer weiter komme ich zum Tudakul See und dort zu einer relativ überschaubaren Ferienanlage aus aneinandergereihten kleineren Resorts a la Ägypten. Große Plakettafeln werben fürs Kiten und andere Wassersport Aktivitäten, die asphaltierten Zufahrtswege jedoch enden vor verschlossenen Toren. Irgendwann im Jahr werden hier sicher Touristen sein. Über einen Schotterweg gelange ich dann doch an den Strand mit vereinzelt leichter Salzkruste. Das Wasser ist weiter entfernt. Zwei Jugendliche kommen neugierig her und zeigen sich am Motorrad interessiert.

Überhaupt scheint man mich mit meinem Motorrad hier in Usbekistan als etwas Besonderes anzusehen. Autos die mir mit Lichthupe entgegen kommen und die Fahrer dann winken, Überholende die mich filmen und dann den Daumen hoch halten, Menschen die am Straßenrand stehen und winken und wenn ich selbst am Straßenrand stehe, dann bin ich meist nicht lange allein. Man kommt sich vor wie ein VIP. 

Hinter einer Kuppe dann ein geschlossenes Tor. Das Navi sagt aber, dass es dort weitergehe. Vor dem kleinen Häuschen hinterm Zaun zwei Männer. Ich gebe Handzeichen. Einer von ihnen auch. Ich fahre näher ans Tor heran und er steht auf. Er öffnet und lässt mich durchfahren. Ich fahre um ein kleines Sperrwerk herum und bin danach wieder im trostlosen Nirgendwo so weit das Auge reicht.
Viele Kilometer, auf denen mir keine 5 Fahrzeuge entgegenkommen. Hinter Navoiy entschließe ich mich dann doch die schnellere Straße zu nehmen.

In Samarkand muss ich als erstes meine Meinung zum allgemeinen Straßenverkehr in Usbekistan teilrevidieren. Es wird an der großen Stadt liegen, denn hier wird, zwar immer noch nicht wie in Georgien, doch deutlich mehr gehupt und auch schon mal gedrängelt. Der Verkehr erinnert an eine mittelgroße Stadt in Deutschland. 
Mein Hotel, in dem ich mein Motorrad sicher im Innenhof parken darf, ist nicht weit von den Sehenswürdigkeiten entfernt und so mache ich mich für einen ersten Überblick nach einer Dusche erstmal auf den Weg.

Samarkand ist gewaltig und ich bin überwältigt. Was die Sehenswürdigkeiten betrifft bin ich völlig unvorbereitet nach Samarkand und auch in die vorherigen Städte gekommen. Das hat für mich den Vorteil, dass man nicht das Gefühl bekommt alles sehen zu müssen oder nachher vielleicht etwas nicht gesehen haben könnte.
In Samarkand kann man den ganzen Tag unterwegs sein und findet noch etwas Unentdecktes und da sind mögliche Museen noch nicht einmal inbegriffen. Alles liegt zwar fußläufig gut erreichbar, aber nicht gleich nebenan. Ich werde noch eine Nacht dranhängen.

Den Registan-Platz kann ich mit Worten kaum beschreiben. Vor dem Platz, etwas erhöht, stehe ich auf einer breiten Treppenstufenanlage und blicke auf das Ensembles aus 1001 Nacht wie auf eine riesige Bühne. Im Hintergrund steht die Tilla-Kori-Madrasa, ein zweigeschossiges Gebäude in dessen Mitte sich ein das Gebäude überragender Torbogen und in den beiden Flügeln weitere kleinere Torbögen, Zimmertüren befinden. Durch den Torbogen gelangt man in einen etwa quadratischen Innenhof. Eingerahmt wird das gesamte Gebäude von der Ulugʻbek-Madrasa links und der Sher-Dor-Madrasa. Zwei gewaltigen Fassaden in Form turmhoher Torbögen durch die man ebenfalls in einen Innenhof gelangt. In den Innenhöfen ein Ring in 2-geschossiger Bauweise mit kleinen Torbögen in denen sich ebenfalls Zimmertüren befinden. Ist der Platz am Tag schon imposant, so wird er am Abend durch eine geschickt platzierte Beleuchtung zu einem weiteren Highlight.

In den Nachmittagstunden haben Brautpaare Hochkonjunktur. Das Standesamt ist vermutlich aus eben diesem Grund gleich um die Ecke, denn am Registan Platz fotografiert zu werden scheint ein MUSS.


Innenhof

Vom Platz weg führt eine breite Allee die nur Fußgängern und allenfalls Elektrorollern und kleinen Touribussen ala Bimmelbahn und Co vorbehalten ist. Nach wenigen hundert Metern gelange ich zur Bibi-Khanym Moschee die in der Bauweise den Gebäuden am Registan-Platz ähnelt.

An die Moschee grenzt der "Siyob Dehqon Basar", der größte Basar und Bauernmarkt in Sarmakand. Ein orientalischer Supermarkt wenn man so will. Hier kauft Samarkand, hier kauft das Umland ein. Je nach Abteilung duftet es nach Kräutern, Gewürzen, Trockenfrüchten, Gemüse oder Eingelegtem. Auf der Größe mehrerer Fußballfelder findet man alles für den täglichen Bedarf, ja selbst einen Dessousladen habe ich gefunden, der dem Angebot von "Beate aus Flensburg" durchaus das Wasser reichen könnte. Nur einen Ersatzkupplungszug für mein Motorrad habe ich nicht finden können.
An einem Stand für traditionelle Männerbekleidung erreicht die Verkäuferin mit ihrem "goldenen Lächeln", dass ich mir für 5 € einen typischen, von Männern getragenen so genannten Kufi Hut kaufe. Generell kann man die Bekleidung der Usbeken als 
Traditionell bezeichnen. Blue Jeans oder Shorts, insbesondere körperbetont sowohl bei Männern als auch bei Frauen, sehe ich hier so gut wie nicht und wenn dann mehr in der Gegend um die Universität westlich des Historischen Bereichs.. Frauen tragen meist sehr farbige Kleider oder aber etwas kürzere Kleider und darunter immer im gleichen Stoff eine knöchellange Hose, was oft auch von Mädchen getragen wird. Die Kopfbedeckung variiert beiderlei Geschlechts. Männer tragen ein Kufi in unterschiedlichen Ausführungen, Frauen nicht generell, aber doch meist einen Schal oder ein Kopftuch, das mich wiederum an die Zeit meiner Großmutter erinnert. Selten, dass die Haare komplett versteckt werden.

Über eine Fußgängerbrücke gleich nebenan erreiche ich das Mausoleum des ersten Präsidenten Usbekistan Islam Karimov. Usbeken unterschiedlichsten Alters und Geschlechts knien vor dem, in einem kleinen Kuppelgebäude aufgestellten Marmorsarg nieder. Ein Polizist achtet auf Ordnung, das Fotografieren ist verboten.

Blick vom Mausoleum - im Hintergrund die Bibi-Khanym Moschee.

Meine erste Million ist aufgebraucht und so brauche ich eine weitere Million. Am Ende des Eingabeprocedere bricht der Bankautomat den Prozess ab und ich erhalte die Mitteilung, dass die Anzahl der Pin-Eingabeversuche überschritten sei. Gibt's doch nicht. Wo habe ich die Karte denn aus der Hand gegebenen bzw. nicht unter Kontrolle gehabt? Nirgends! Nochmaliger Versuch. Vielleicht war ja die Pin falsch, doch gleiches Ergebnis. Der Automat daneben verweigert mit einem Hinweis auf einen Defekt seine Bereitschaft mir Geld auszuzahlen.
Da war er wieder der Moment der Hilflosigkeit, wenn man plötzlich kein Bargeld mehr hat und die Karte nicht funktioniert. Tanken war gestern noch möglich, dann sollte mit der Karte doch eigentliches alles okay sein.
Also eine Straße weiter zum letzten Automaten weit und breit. Die Spannung steigt. Welches Geräusch wird machen? Wie lange läuft die digitale Eieruhr auf dem Display? Die Karte kommt raus. Das Geräusch des fallenden Steins vom Herzen übertönt fast das Geräusch des Automaten beim Geldzählen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich hier in Usbekistan Probleme habe. An der Karte liegt es jedenfalls nicht.

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