Usbekistan

Tom, der bis Januar 2024 unterwegs sein will und bis nach Neuseeland fahren wird, ist noch mein Weggefährte.

Laut App des Auswärtigen Amts müssen sich alle Ausländer nach 3 Tagen bei der Migrationspolizei melden. Im Allgemeinen wird das auch vom Hotel übernommen. Die erforderlich Bescheinigung müsse bei der Ausreise vorgezeigt werden, sonst drohen empfindliche Strafen. Im Hotel weiß man allerdings nichts davon, eine Bescheinigung habe man nicht, es habe aber auch noch nie Probleme gegeben. Die Polizei sei allerdings bereits geschlossen und öffne erst wieder am nächsten Morgen um 8 Uhr. Um kurz nach 8 Uhr ist dann aber das Meeting noch nicht zu Ende und so erscheint der zuständige Beamte erst etwas später. Er gibt Entwarnung. Eine Bescheinigung sei nicht erforderlich und tatsächlich wird später an der Grenze auch nicht danach gefragt werden. Die App vom Auswärtigen Amt sollte mal dringend überarbeitet werden. Stress gehabt für nichts.

Pünktlich abfahren oder zumindest eine angemessene Zeit zu haben für die vor uns liegende 360 km lange Strecke, für die Google sieben Stunden berechnet, lässt sich so jedenfalls schwer einhalten. Berichten zufolge handelt es sich ab Grenze um eine extrem schlechte Straße. Die ersten 80 km auf kasachischer Seite verlaufen dagegen ausgesprochen gut, die Ausreise auch.
Vor der Grenze nach Usbekistan staut es sich. An der langen Reihe der bis zum Brechen beladenen Pkws und der Lkws vorbei werden wir von einem Grenzer weitergewunken. Danach zwei schmale Gassen, eine voll mit wartenden Pkws, die andere mit Lkws. Ein Vorbeifahren ist nicht möglich.
Ein PKWfahrer winkt dennoch zur Lkw Reihe und weiß auch warum. Langsam rollen diese vorwärts während alle Pkws nicht einen Meter vorankommen. Durch eine Matschsenke, deren Grund sich mir nicht erschließt, aber mal eine Desinfektionswanne gewesen sein könnte, werden wir abermals von einem lächelnden Grenzer in den Schatten gewunken.
Wie bereits zuvor stellt der Grenzer mehr fest als das er fragt, ob ich Tourist sei, was mich dann offenbar in eine Art VIP Status versetzt. Ein Beamter füllt das erforderliche Zollpapier aus und ich muss nur noch unterschreiben. Nach dem Abstempeln an einem anderen Schalter, winkt ein Beamter der Grenzpolizei mich vorbei an einer zuvor eingetroffenen Reisegruppe aus einem Bus mit usbekischem Kennzeichen direkt vor das Fenster der Grenzkontrolle. Alle anderen müssen warten. Erinnerungen an Reisen in die DDR werden wach, wo die Bürger der DDR oftmals wie 2. Klasse behandelt wurden.
Dann kommt der unsicherste Moment der Grenzpassage. Wird meine Drohne entdeckt?
Der freundliche Beamte der uns zuvor in den Schatten gewunken hatte, übernimmt die Kontrolle der Koffer. Erster Koffer Schuhe raus, Schlafsack anheben. Okay. Zweiter Koffer. Obenauf liegt mein Basecap aus Polizeitagen. Die Kontrolle endet abrupt mit einem längeren Smalltalk über Pensionsgrenzen Deutschland vs Usbekistan und ich erfahre, dass ein Polizeibeamter in Usbekistan nach 20 Jahren Dienst bereits in Pension gehen kann. Etwas weiter stehen Pkws mit oder ohne Anhänger und sämtliche Ladungen liegen aus-, bzw. abgeladen um die Fahrzeuge herum.

Insgesamt 2 Stunden hat die gesamte Aus- und Einreise inklusive Geld wechseln und das Besorgen einer Kfz-Versicherung gedauert.

Die ersten Kilometer auf dem Weg usbekischer Seite lassen anfangs noch etwas zweifeln an den Aussagen Anderer, doch dann ändert sich schlagartig die Straße die definitiv ihresgleichen sucht. Hatte ich 2019 in Teilen der Ukraine schon manchen "Schweizer Käse" erlebt, so kamen hier noch Sand und Schotter gemischt mit gelegentlichen Bodenwellen oder Waschbrett dazu, plus Staub der entgegenkommenden Fahrzeuge. Das Überholen eines Lkw wird da schon mal kurzzeitig zu einer Nebelfahrt.
Wenige Kilometer später beginnt der Neubau einer parallel verlaufenden neuen Straße. In Kasachstan sah ich, dass solche Neubaustrecken gelegentlich von einzelnen privaten PKW benutzt werden.
Bei einer passenden Stelle biege ich ab, fahre etwa 200 Meter durch die Wüste und dann rauf auf die erhöht liegende Straße. Rechts und links neben der etwa 20 cm dicken Betonfahrbahn gut zu befahrener Schotter. Wenig später über eine behelfsmäßig mit ein paar Felsbrocken errichtete Mini Rampe geht's dann auf die Bahn selbst. Endlose Weiten. Das Betonband scheint irgendwo am Horizont der Krümmung der Erdkugel zu folgen. Wie geil ist das denn?


Nach etlichen Kilometern ist damit allerdings erstmal Schluss. Kein Beton mehr. Schotter. Aber fest, Plan gezogen und vorbereitet für den Beton, manchmal bereits hunderte von Metern mit einer riesigen Plane bedeckt. Geschwindigkeiten von zeitweise 60 km und mehr sind möglich, wären zwischendurch nicht immer wieder kleinere Schikanen eingebaut worden.
Sandwälle sollen das ungehinderte Weiterfahren zumindest erschweren. Manche müssen durch Sand und Wüste etwas umständlich umkurvt werden, andere sind bereits von "Schwarzfahrern" durch ihre PKW überfahrbar gemacht worden.
Vorbei an winkenden Bauarbeitertrupps und deutlich schneller als der Verkehr auf der entfernten offiziellen Straße. Zwar kostet das Umkurven Zeit, aber dafür wird die Fahrt deutlich entspannter und materialschonender.


Einmal geht es noch auf ein weiteres Betonstück, aber etwa 70 km der katastrophalen Hauptstraße müssen dennoch überwunden werden. Auf den letzten 25 km mit guten Asphalt erreiche ich bei bereits eingesetzter Dunkelheit das anvisierte Hotel, muss aber weiter, da es ausgebucht ist. An einem Truckerhof endet dann der spät gewordene Tag im angrenzenden einfachen Hotel.

Bei Tageslicht betrachtet ist das Hotel das schlechteste das ich bis dato erlebt habe, aber es hätte nichts anderes gegeben.

Etwas später als geplant, aber für die heutige Etappe sollte es reichen, startet die Weiterfahrt. Nach einigen Kilometern verändert sich das Landschaftsbild. Eben noch Wüste wird es plötzlich immer grüner. Auf der Google Maps Seite erkennt man mehrere grüne Flecken. Es scheint als seien es rudimentäre Überbleibsel des ehemaligen Aralsees.
Nach 40 km geht es links ab durch Qoʻngʻirot und dann etwa eine Stunde bis nach Muynak. Muynak, früher auf einer Halbinsel im Aralsee gelegene Stadt, lebte seinerzeit vom Fischfang und vom Tourismus. Das ist lange her. Mehrere verrostete Schiffe liegen auf dem ehemaligen Grund des Sees im Wüstensand. Modellierte Reliefs an einer Gedenksäule zeigen die Veränderung des Sees von 1960, 1980 und heute. Der Aralsee, einst viertgrößter See der Welt, ist heute zu 80% ausgetrocknet und so liegt Muynak mittlerweile etwa 100 km vom Rest des Sees entfernt.  



Ein Hotel in Nukus ist schnell gefunden, entspannter Weise befindet sich gleich nebenan eine Tankstelle mit 92er Benzin, aber eine Besichtigung der Stadt erscheint nicht lohnenswert. Das soll sich morgen in Chiwa ändern. Nahe der Altstadt habe ich für 3 Nächte ein Zimmer in einer Privatunterkunft gebucht.

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