Astrachan

Ich habe beschlossen doch noch etwas länger in Russland zu bleiben und mir wenigstens eine Stadt etwas ansehen.

Astrachan ist etwa 90 Minuten von der Grenze nach Kasachstan entfernt und liegt am Delta der Wolga.
Ich fahre auf der Straße weiter, auf der ich vor 2 Tagen angekommen war und biege nach einigen Kilometern an der Zufahrt zu einer Fähre ab. Ich fahre an der Reihe der wartenden Fahrzeuge vorbei und gelange auf den letzten Drücker auf die Fähre und in eine
Nische in die sonst keiner mehr passt. Bezahlen muss ich nichts, auch nicht auf den weiteren Fähren, die mich zur anderen Seite der vielen Verästelungen und der Wolga selbst bringen.


Getreide wird hier angebaut, ansonsten ist viel Schilf zu sehen und nur wenig Bebauung. Das soll dann auch reichen, denn ich möchte so früh wie möglich im Hotel sein, um von der Stadt noch etwas sehen zu können.
Ich erreiche den Stadtrand und sehe ein großes Schild, das auf eine Yamaha Niederlassung hindeutet. Außenborder, Quads, aber vor allem auch Motorräder.
Der aus Indien stammende Manager spricht sehr gut englisch und so ist er bezüglich meines Vorderrades schnell im Bild, ob er mir allerdings einen Kupplungszug besorgen kann muss er erst noch in Erfahrung bringen. Seit dem Krieg, so sagt er, gäbe es im Grunde keine Yamaha Niederlassung mehr. Seien alle weg. Es hängen nur noch die Schilder. Drinnen stehen keine Yamaha Motorräder mehr sondern nur noch ein paar eher exotische Modelle und die Außenbordmotoren sind offenbar auch mehr Restbestände, dennoch ist man willig mir zu helfen.
Das Vorderrad wird ausgebaut und dann fährt der Mechaniker mit mir und dem Vorderrad als gäbe es einen Preis zu gewinnen in die Stadt zu einem kleinen Schuppen, in dem Autoreifen aufgezogen, aber auch Fahrradschläuche repariert werden können. Ich habe da so meine Zweifel gehabt, aber es stellt sich herauskommt, dass es mein Schlauch ist, der mittlerweile mit zwei Flicken versehen worden ist. Das erklärt auch das leichte springen bzw die anfänglich gefühlte Unwucht. In ganz Astrachan sei es jedoch nicht möglich Motorradräder auszuwuchten, so der Mechaniker. Nachdem ich noch ein paar professionelle Flicken und eine Dose mit dem Rest eines Klebers geschenkt bekommen habe geht es ebenso rasant wieder zurück.
Zwischenzeitlich hatte man per Taxi einen neuen Schlauch vom anderen Ende der Stadt besorgt. Das Vorderrad ist fast so schnell wieder ein- wie ausgebaut. Einen Kupplungszug könne man zeitnah jedoch nicht besorgen. Ich zahle für alles umgerechnet 20 € und fahre zum Hotel. Es ist doch wieder später geworden. Den Rest des Tages verbringe ich dann auch noch damit in einer Bank Euro umzutauschen. In der ersten führt man kein Bargeld und in der zweiten will man, nach Überprüfung aller meiner Geldscheine in einem Scanner, keinen annehmen. Angeblich fehle allen ein bestimmtes Sicherheitsmerkmal. Alles reden nützt nichts. Was nun. Kreditkarten, das hatte ich beim Yamaha Händler bestätigt bekommen, gehen nicht. Der hatte sich mit Euro zum offiziellen Kurs bezahlen lassen, aber der Tank war fast leer und das Hotel muss auch noch bezahlt werden.
Einige Banken hatten schon geschlossen, doch dann wurde ich doch noch fündig und war wieder im Besitz von ausreichend Rubel.
Ich bleibe 2 Nächte, denn die Stadt will ja noch besichtigt werden.

Mein Hotel liegt nahe der Wolga und nur über eine Brücke vom Stadtkern entfernt. Ich hatte trotz aller Suche nach einer noch geöffneten Bank schon mal eine kleine Übersicht bekommen. Alles andere ist fußläufig gut zu erreichen. Etwas außerhalb des Stadtkerns befindet sich das neue Opernhaus im typisch imposant sowjetischem Baustil. Hinein komme ich nicht.

Auf dem Weg zurück wird der Unterschied deutlich zwischen kleineren Nebenstraßen und den größeren, auf denen der Verkehr pulsiert. Hier liegen, wie auf dem Land immer wieder zu sehen, die Gasleitungen noch oberirdisch und folgen in ihrem Verlauf den Häuserfronten und deren Einfahrten. Müll liegt auf der Straße. Es riecht, auch muffig nach altem Mauerwerk. Dazwischen immer wieder stark angegriffene Holzhäuser aus dem letzten Jahrhundert.

An den größeren Straßen dann immer wieder Häuser aus den unterschiedlichsten Bauepochen wie zum Beispiel der Renaissance. Eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten sind der Astrachaner Kremleiner ehemaligen Zitadelle aus dem 16. Jahrhundert und die Dreifaltigkeits-Kathedrale.

An der Promenade stehen Angler und liegen zwei Restaurantschiffe, die, wie alle anderen Restaurants und kleineren Geschäfte erst wieder gegen Abend öffnen dürften. Vorbei an den unterschiedlichsten Springbrunnen, Denkmalen, Skulpturen, orthodoxen Kirchen und Moscheen und kleineren Parkanlagen geht es zurück ins Hotel. Morgen früh fahre ich nach Kasachstan.

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