Kein Märchen der Gebrüder Grimm, sondern eine ringförmige Aneinanderreihung, die Entstehung und Kultur das alte Russland repräsentierende Städte, nordöstlich von Moskau.
Der "Goldenen Ring" sind insgesamt neun Städte. Wladimir, Suzdal, Jaroslawl, Rostow und Sergijew-Possad gelten neben Iwanowo, Kostroma, Uglitsch und Perslawl-Salesski dabei als die wichtigsten, wobei alle mehr oder weniger interessant und hinsichtlich der russischen Geschichte sehenswert sein sollen. Ich werde nur in Wladimir, Suzdal, Kostroma, Rostow und Sergijew-Possad übernachten und eventuell die anderen im Rahmen eines jeweils kleinen Rundganges erkunden.
Wladimir, die Stadt der 60 Kirchen. Ich werde nicht nachzählen, schon gar nicht in alle reingehen, aber es sind schon einige. Flair der Vergangenheit will bei mir irgendwie nicht aufkommen. Vielleicht habe ich mittlerweile auch einfach zu viele Kirchen gesehen. Irgendwann sehen alle gleich aus. Auch von innen. Der interessante Kern von Wladimir liegt auf einer Anhöhe mit einem weiten Blick über den Bahnhof hinweg in die Landschaft. Es ist um diese Jahreszeit noch recht touristisch in Wladimir, aber auch Samstag. Geführte Gruppen durchkreuzen immer mal wieder das gewünschte Fotomotiv, Souvenirstände an exponierten Stellen. Leider sind einige der Sehenswürdigkeiten wie das Goldene Tor, eines der Wahrzeichen der Stadt, komplett eingerüstet und mit einer Hülle umgeben. Vieles macht auf Fotos im Internet einen deutlich besseren Eindruck als vor Ort. Ein Mann mittleren Alters wird mit später erzählen, dass es noch vor 10 Jahren in Wladimir besser aussah. Ein schneller Zahn der da zu nagen scheint.




T-Shirt und kurze Hose Wetter. Suzdal ist nur eine halbe Stunde von Wladimir entfernt. Ich lasse mir Zeit mit dem Auschecken. In Suzdal ist mein Zimmer im Guesthouse so früh noch nicht fertig aber ich kann schon rein und mich umziehen. Sollte ich nochmal nach Suzdal kommen wird dieses Guesthouse meine erste Wahl sein. Neues gepflegtes Blockbohlenhaus mit Fußbodenheizung im Bad und einer geschmackvollen Einrichtung. Zudem, wie soll es auch anders sein, nur ein paar hundert Meter vom Zentrum entfernt.

Suzdal hat das was Wladimir meiner Meinung nach nicht hat. Flair und Ausstrahlung, ja sogar einen gewissen Charme. Als ich den Begriff "pittoresk" bei anderer Gelegenheit mal benutze kannte ich Suzdal noch nicht. Mancherorts ist es allerdings zuweilen sehr malerisch um nicht zu sagen bunt und an einem Sonntag zwar ähnlich touristisch wie Vladimir aber einfach nur bezaubernd.





In Pljos, einem kleinen Örtchen an der Wolga, mache ich einen kleinen Zwischenstopp.
Hausboote

Nachdem ich durch Iwanovo gefahren bin und in Kostroma ankomme stelle ich erleichtert fest, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe nicht in Iwanovo, sondern in Kostroma zu übernachten. Allein das kleine Hotel ist der Kracher. Historische Gebäude direkt an der Promenade entlang der Wolga. Vis-a-vis ein altes Restaurant-Schiff. Auf einem Foto sehe ich wie der später ermordete Zar mit Gefolge von diesem Schiff kommt.


Während meines Rundgangs komme ich auf dem Gelände des Kremls an der „Erlöser-Kirche“ vorbei. Auf dem Glockenturm sehe ich ein paar Köpfe, man kann also hinauf. Ich gehe hinein finde aber keinen Zugang. Aus dem „Allerheiligsten“ der sich in einer orthodoxen Kirche hinter jeder Wand mit Ikonen im großen Gebetsraum befindet kommt ein Pope in meine Richtung. Ich deute eine spiralförmige Handbewegung nach oben an, aber er spricht kein Englisch und deshalb fragt einen jungen Mann. Er und ich haben dann eine private Führung auf den Glockenturm für die man eigentlich einen Guide bräuchte und einen Dolmetscher dazu. Der freut sich, weil er ohne mich nicht hinaufgekommen wäre und ich freue mich sowieso. Wenig später muss Mikhail, der Pope, wieder hinunter. Arbeiten. Ich bin nicht gläubig, aber es gibt da etwas und deshalb spende ich eine größere Kerze, die, so erklärt mir mein Dolmetscher, im „Allerheiligsten“ aufgestellt werde, weil sie dort, im Gegensatz zu kleineren Kerzen, ihre größte Kraft entwickeln kann. Wie gesagt, ich glaube nicht. Ein wenig erinnert es ja auch an Ablassbriefe, aber das war mir egal.


Feuerwachturm
In Rostow habe ich dann mal kein Glück mit dem Hotel. Etwas abgerockt würde ich vorsichtig sagen. Am meisten beeindruckt der Kreml mit dicht zusammenstehenden Kuppeln der unterschiedlichen Kirchen.

Weniger beeindruckend ist dann die Tatsache, dass ich Probleme bekomme ein Hotel zu buchen weil immer alles ausgebucht sei, ich nach mehreren Versuchen dann aber doch bei einem zuvor angeblich ausgebuchten Hotel Glück habe und, dass es immer schwieriger wird zu navigieren. Irgendwo im Nirgendwo werde ich verortet. Weit weg von der zwar hinterlegten Route zu der man aber nicht kommt. Also grobe Richtung Moskau. Irgendwann hat mich das GPS wiedergefunden. Es wird langsam Zeit, dass ich raus komme. Ich habe heute Morgen auf einer litauischen Seite gelesen, dass beabsichtigt sei ab dem 4. Oktober alle Grenzen nach Russland für Touristen zu schließen. Unklar ist dabei allerdings ob beide Richtung gemeint sind. Erinnert mich einwenig an 2020 als die Grenzen wegen Corona nach und nach wieder schlossen und ich bin beeilen musste weiterzukommen. Aber noch gibt es keine weiteren Informationen.
Sergijef-Posad, mein letzter Übernachtungsort, hat natürlich auch einen Kreml auf dem aber rege gebaut wird. Ansonsten ist bei mir die Luft raus und bin ich im Grunde nicht mehr besonders interessiert.


Fazit: mehr als fünf Nächte braucht man nicht für den goldenen Ring. Suzdal und Kostroma aber auch der Rundgang in Jaroslawl haben mir am besten gefallen. Hätte Ich großes Interesse an Museen gehabt wäre ich damit allerdings nicht klargekommen, aber es wäre zuviel des Guten gewesen und schlechtes Wetter hatte ich ja auch nicht.