Almaty ist eine Stadt in die ich genauso wenig wollte wie nach Bischkek, aber noch einmal am Yssykköl entlang ist auch keine Option.
Über eine Woche war ich mit Tobias, Martin und Jonathan unterwegs bzw. zusammen. Es hat einfach rundherum gepasst. Eine gemeinsame Zeit, die ich so schnell nicht vergessen werde. Ich denke wir werden uns wiedersehen.
Bishkek hingegen muss ich nicht noch einmal sehen. Ich benötigte fast schon kein Navi mehr so gut kenne ich mich dort mittlerweile aus. Ein letztes Frühstück im Hotel Salut und dann geht es zur 20 km entfernten Grenze.
Eine knappe Stunde und alle Grenzformalitäten sind erledigt, eine halbe Stunde um eine Kfz Versicherung zu bekommen. Sie kostet für 15 Tage 9000 Tenge / 15 € (600 Tenge=1 €), bekomme aber, warum auch immer, einen Rabatt von 1500 Tenge.
Mir fällt sofort auf, dass im Gegensatz zu Kirgisistan nicht nur die Straßen in einem deutlich besseren Zustand sind, sondern auch die Fahrzeuge, was wiederum an der alle 2 Jahre stattfindenden Hauptuntersuchung liegen dürfte. Auch der Verkehr, bzw. das Verhalten der Verkehrsteilnehmer hat weitestgehend europäischen oder besser deutschen Charakter. Überholverbote, durchgezogene Linien, meistens Geschwindigkeitsvorgaben und rote Ampeln sind eher Pflicht als Kür. Mir wird Platz gemacht so das ich beim Überholen nicht die durchgezogene Linie überfahren muss und werde nicht wie in Bischkek schon mal abgedrängt. Und vor allem wird nur wenn wirklich nötig gehupt.
Das ändert sich auch nicht in Almaty. Da kann ich beispielsweise völlig entspannt den gelb-weißen Zebrastreifen einer gut befahrenen 4-spurigen Fahrbahn ohne Ampel betreten und auch überqueren. Man hält an und wartet bis ich vorbei bin. Das kenne ich auch anders und deshalb denke ich, dass sich das auf meiner weiteren Reise in Gänze nicht fortsetzen wird.
Almaty bedeutet im kasachischen soviel wie „voller Äpfel“ da es als Ursprungsort des Kulturapfels gilt. Almaty ist mit 2,2 Millionen Einwohnern die größte Stadt Kasachstans und war bis 1997 ehemalige Hauptstadt. Die drei größten ethnischen Gruppen der Bevölkerung in Almaty sind mit 65% Kasachen, zu etwa 17% Russen und etwa 9% Uiguren.
Ich erreiche mein neues, zentral gelegenes Hotel ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Im Hotel sind Armaturen von „Grohe“ verbaut, sind die Fahrstühle „Made in Germany“. Auf einem ersten Erkundungsgang in die Umgebung scheint es, als gäbe es im Gegensatz zu Kirgistan mehr chinesische Fahrzeuge, auch Großraumlimousinen, auf jeden Fall aber mehr lateinische Schrift im Straßenbild, vereinzelt Tätowierungen, lange Fingernägel, auch schon mal gepimpte Lippen und auch ein paar Motorräder westeuropäischer Modellart. Alles in allem irgendwie auch ein Stück westeuropäisch. Neben aller Moderne trifft man aber auch immer wieder auf „Neo-romantische“ Sowjet-Architektur.
Die Stadt präsentiert sich sauber, aufgeräumt und, soweit man es von einer ehemaligen Hauptstadt sagen kann wenig hektisch. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich am 6. Juli angekommen bin, dem „Day of the Capitol“ und da der Feiertag auf einen Sonntag gefallen ist, so erklärt man mir, wäre der Montag der ersatzweise freie Tag. Das erklärt auch, warum alle Museen und Basare etc. geschlossen sind. Der „Day of Capitol“ wird seit 1998 begangen seit Astana offiziell zur Hauptstadt erklärt worden ist. Ursprünglich am 10. Juli begangen, verlegte man ihn dann aber auf den Geburtstag von Nursultan Nazabayev, dem ersten Präsidenten Kasachstans.
Fast alle Sehenswürdigkeiten befinden sich in einem Umkreis von 2 Kilometern. Mein erstes Ziel ist das Hotel Kasachstan ein Turmbau aus den 70er Jahren dem man eine mittlerweile etwas verblichen wirkende golden Krone als Dach aufsetzte. Das Gebäude schaffte es als Wahrzeichen sogar auf den 5000 Tenge Schein. In der 26. Etage werde ich später ein Pferde-Filet essen und bei grandiose Aussicht den Sonnenuntergang genießen.
Manchmal kann es gut sein zur richtigen Zeit am eigentlich falschen Ort zu sein, denn in drei Tagen wollte ich zum Naadam Festival in der Mongolei sein. Dafür erlebe ich nach dem Pferdefilet, vor dem Palast der Republik gleich nebenan, ein nicht weniger interessantes Musikfestival aus Anlass des „Day of the Capitol“.
Der Kök Töbe ist der Hausberg von Almaty. Natürlich fahre ich nicht mit dem Bus oder dem eigenen Motorrad hinauf sondern mit der Seilbahn. Wie ich es mir gedacht hatte ist der Berg komplett touristisch vermarktet. Mir reichen der Eindruck und ich mache ein Foto vom Fernsehturm und dem Sonnenuntergang über Almaty. Der 371,5 m hohe und nach 8 Jahren Bauzeit 1983 fertiggestellte Fernsehturm ist nicht öffentlich zugänglich. Da Almaty Erdbebengebiet ist wurde er nicht aus Beton sondern aus Stahlrohr errichtet. Er ist damit die höchste freistehende Stahlrohrkonstruktion der Welt und soll Erdbeben bis Stärke 10 trotzen können.
Bleiben als weitere POIs die russisch-orthodoxe Holzkathedrale „Christi Himmelfahrt“; der „Park der 28 Panfilowzy“, zu Ehren 28, 1941 gefallener Soldaten aus Almaty und benannt nach deren Kommandeur Ivan Panfilowzy; der „Grüne Basar“, der sich im Gegensatz zu den Basaren in Osh und Bischkek fast schon südeuropäisch aufgeräumt darstellt; das total verspiegelte Business Center; das „Arasan“, ein riesiges Spa und Sauna Center, in das ich aber nur reingeschaut habe; das „Museum für Volksmusikinstrumente“ mit einer sehenswerten Sammlung und das „Historische Militär Museum“, das sich aus russisch-kasachischer Sicht dem heroischen sowjetischen Kampf und insbesondere dem 2. Weltkrieg widmet.
Kathedrale "Christi Himmelfah
"Park der 28 Panfilowzy"
Business Center
das "Arasan"
Museum für Volksmusikinstrumente
Historisches Militärmuseum
Mein letztes Abendmahl, in Almaty, nehme ich im „Café Leffe“ ein. Es besteht selbstverständlich aus einem frisch gezapftem Leffe, dazu bestelle ich als Vorspeise 500 gr. spicy Shrimps und anschließend 1 kg Muscheln. Wenn der "Kleinstädter" in ein Restaurant mit gehobener Speisekarte geht kann es schon mal zu einem kleinen Fauxpas kommen.
Man bringt mir zu den Shrimps eine kleine durchsichtige Dose mit einem schwarzen Tuch. Das Tuch zum Reinigen der Finger, denn die Shrimps müssen ja irgendwie aus dem Panzer. Nach dem Essen versuche ich mit meinen grob mit Servietten gereinigten Fingern die kleine Dose zu öffnen und erfahre vom Kellner, dass sich darin Gummihandschuhe befänden. Handschuhe!! Hätte ich also überziehen können. Nun gut, wäre auch irgendwie appetitlicher gewesen. Ich bekomme dann aber Reinigungstücher. Am Tisch nebenan bekam man die übrigens gleich von Anfang an. Es hätte einfacher sein können.
Als die Muscheln kommen bin ich dann ganz der erfahrene Großstädter.
Ab Morgen ist dann beim Zelten im Charyn Canyon erst mal wieder Schmalhans angesagt. Dafür habe ich 3 Tage mal auf die Sahne gehauen.