Yssyk-Köl

Yssyk-Köl

Der Yssyk-Köl, 1607 m über dem Meeresspiegel gelegen, ist nach dem Titicacasee der zweitgrößte Gebirgssee der Welt 

Übersetzt bedeutet Yssyk-Köl "Heißer (auch warmer) See" weil er aufgrund seiner Größe und Tiefe nie zufriert. Der See bildet aufgrund seiner Lage quasi das "Herzstück" Kirgistans. 

Der Norden ist im Gegensatz zum Süden stärker besiedelt. Dadurch ist der Tourismus aber auch stärker ausgeprägt und was man da macht bzw. baut ist nicht überall schön anzusehen. Altes, zum Teil aus der Sowjet-Ära rottet vor sich hin, wird zum Teil als Müllplatz verwendet, während in der Nähe erst hohe Mauern gezogen und dann dahinter große Hotels und Ferienanlagen errichtet werden.

Mir gefällt der Süden deutlich besser. Zum Einem ist bedingt durch die geringerer Besiedelung der Tourismus sehr überschaubar und begrenzt sich auf gelegentlich kleine Ferienanlagen, zum Anderen verläuft die Straße nicht selten keine 100 m am Ufer entlang. Die Südseite erinnert mich zuweilen an Kroatien oder Griechenland. 

Die im Norden und Süden am See verlaufende Straße wird seit einiger Zeit sukzessive, auch in den Ortschaften wo es möglich ist, zu einer 4 streifigen Straße ausgebaut. Im Norden fahre ich in der östlichen Hälfte auf ca. 80 km durch eine Baustelle. Die Straße wird nicht wie bei uns wechselseitig ausgebaut, sondern die komplette Fahrbahn weggerissen und dann für den gesamten Verkehr erstmal wieder freigegeben. Da der See mehr als 100 Zuläufe aus den Bergen hat werden auch entsprechend Kanäle unter den Straßen errichtet. Ich fahre also nicht nur auf teilweise gewässertem und dadurch glitschig gewordenem Schotter, manchmal auch dem Gegenverkehr ausweichend, weil dieser um ein Schlagloch kurvt, zwischendurch auf in Flussbetten errichteten "Umleitungen", sondern die meiste Zeit auch im Stehen.

Hatte ich mich anfangs noch gewundert warum man die zudem sehr staubigen Schotterpisten zu meinem Leidwesen ständig per Tanklastwagen bewässert, macht es in bewohnten Gebieten zumindest mehr Sinn als außerhalb, kommt mir irgendwann ein Begriff in den Sinn: "Wassergebundene Decke“

Diese als Unterbau herzustellen könnte deutlich günstiger sein als Asphalt, denn der ist als letzte Schicht nicht besonders dick, gemessen an deutschen Straßen. 

Am Stand eines usbekischen Ehepaares mache ich eine kleine Pause.

In Karakol, östlich des Sees gelegen, bleibe ich die nächsten Nächte und erkunde die Gegend von hier aus. Das Guesthouse ist super. Boxspringbett im Doppelzimmer, sauber, ruhig, ein klasse Frühstück und man bietet sogar Massage an. Eine Mittfünfzigerin, die auch das Frühstück hergerichtet hatte, nimmt mich später für 15€ eine Stunde lang, und wie ich finde recht gut, unter ihre Hände. Ich werde das wohl nochmal in Anspruch nehmen. 

Orthodoxe Kathedrale von Karakol

Guest House

Hier komme ich auch mit  zwei Radfahrerinnen ins Gespräch. Die jüngere, eine Schwedin und drei Wochen in Kirgistan unterwegs und die ältere, eine Belgierin seit Jahren on the road. Beide erzählen von ihren Fahrten zum Songköl und ihren ähnlichen Erlebnissen mit dem roten Sand in Kombination mit Regen. Später unterhalte ich mich mit einem älteren Paar aus Deutschland die von ähnlichem berichten, als ihr damaliger Guide im australischen Outback die Weiterfahrt bei einsetzendem Regen unterbrochen und nach Ende des Regens ein Abtrocknen der Fahrbahn dann noch abgewartet habe. Ihre Berichte wirken im Nachhinein wie Labsal für meine Seele, glaubte ich schon übervorsichtig oder gar übertrieben ängstlich zu sein bzw. haderte ich ob meiner geringen und erst auf den letzten Reisen gewonnenen Erfahrungen im Offroad. 

Der etwa 25 km südlich von Karakol in ca. 3530 Höhe gelegene Ala-Köl wäre sicherlich ein mehr als lohnendes Ziel, weil er aber nur auf einer mehrtägigen Wanderung zu erreichen ist, was touristisch entsprechend (aus) genutzt, aber auch angeboten wird, belasse ich es dabei so nahe wie möglich und damit auch in ein Naturschutzgebiet zu fahren. Am Schlagbaum zahle ich 3€. Plakate am gegenüber und lassen erahnen, dass man hier offenbar Großes vorhat. Etwa 20 km lang ist die erst in Teilen fertige breite Asphaltstraße. Busparkplätze entstehen und an den Hängen erste moderne Ferienhäuser. 

Dann geht die Straße über in einen Schotterweg und steiler nach oben. Kurze Zeit später ist Schluss. Ein "Ski-Paradies" versperrt die Weiterfahrt. Auf dem Rückweg finde ich dann aber doch noch einen Schotterweg der mich erst noch ein gutes Stück hoch in die Berge bringen würde, von wo ich dann, nach längerer Wanderung, unterwegs gibt es Camps zum Übernachten, zum See käme. 

Ich fahre zurück. Man hatte mir in Karakol, unmittelbar am gleichnamigen Fluss, ein Fischrestaurant empfohlen und stelle fest, dass die gegrillte Lachsforelle für 11€ eine wahres Gedicht ist. 

Sweatshirt Wetter. 16 Grad und windig. Es nieselt gelegentlich und in den nahen Bergen hängen tiefe dunkle Wolken. ich fahre ins Grüne, aber ansonsten bleibt es eher grau. Etwas weiter weg vom letzten Dorf und nahe am Ufer des Yssykköl erweckt ein roter Fleck auf meiner Map meine Neugierde. Aus der Ferne eher ein altes Fabrikgelände, vielleicht ein so genannter "Llost Place"!? komme ich zum einem ziemlich maroder Stacheldrahttaun an dem alle 50 m ein verblichenes gelbliches Schild hängt. Das es sich nicht um ein Fabrikgelände handeln dürfte erkenne ich dann an den auf dem weiten Gelände weiter weg vereinzelten Wachtürmen. Die etwa 100 m lange Zufahrt zum Tor ist wechselseitig mit Betonbarrieren eingeengt. Am Tor weht eine russische Flagge. 

"Ich bin Tourist und habe mich verfahren!"

Ich bleibe unbehelligt. Möglich wäre gewesen, dass man mich beim Fotografieren eines der  Schilder beobachtet hatte. Am Abend werde ich im Fischrestaurant zum Wiederholungstäter. 

Früh am Morgen hatte es ergiebig geregnet, zum Frühstück aber scheint die Sonne. Es wird ein schöner Tag. Ich habe keine Eile, gönne mir nochmal eine Massage und fahre dann in die Berge. Die Straße endet an einer Brücke, gleich daneben in einem Gebäude, eine heiße Quelle.

Auf der anderen Seite geht es nur noch als Wanderer oder auf dem Pferd weiter. Ein paar stehen gesattelt unter den Bäumen. Nicht weit dahinter hat sich eine kleinere Personengruppe niedergelassen. Sitzen oder liegen um eine großzügig aufgebaute Tafel herum. Sie winken mich heran und bitten mich Platt zu nehmen. Etwas zögernd ziehe ich meine Stiefel aus und setze mich zu ihnen auf die Decke. Ich möge zugreifen deutet man mir an und reicht mir zu trinken. Ich weiß nicht was es ist bzw aus was es sich zusammensetzt, aber es schmeckt nicht schlecht. „Mototsikl?“ (Motorrad) fragt mich einer und macht mit seiner Rechten eine Gasdrehbewegung. Ich nicke. „Alone?“ Ich nicke erneut. „Germania“ sage ich. Er lacht und hebt den Daumen. Wir tauschen ein paar Worte aus, haben etwas zu lachen und ich erfahre, dass ein anderer der Männer der jüngeren Frau ihr   „Love“ ist. 
Ich deute auf die Pferde. Er schüttelt den Kopf und meint „Tourist“, reibt den Daumen an seinem Zeigefinger und macht dann eine halsabschneiderische Handbewegung. Hörte ich da eine leicht abfällige Tonlage heraus? „Tourist“ sage ich lachend und tippe auf meine Brust, er winkt kurz ab und deutet mir an nochmal zuzugreifen. 
Die Frauen beginnen Fleisch zu schneiden, einer der Männer sammelt Holz. Eine weitere Einladung lehne ich ab und verabschiede mich tief beeindruckt.
Touristen sind jetzt bei den Pferden. Die drei Guides reichen mir die Hand als ich an ihnen vorbeigehe. Die Touristen scheinen zu beschäftigt.

Ich habe noch Zeit und fahre ins Kok Jaiyk Tal. Die Berge rechts und links rücken zusammen und es bleibt nur noch Platz für den Weg und den reißenden Bach der aus den Bergen kommt. Dann ein Schlagbaum. Ich zahle umgerechnet 50 Cent und darf weiter. Ich überquere vier Brücken erreiche am Ende eine sich wieder zu einem Tal öffnende Landschaft. Rundherum Yurt-Camps und Pferde für Touristen. Ein Wasserfall soll fußläufig nach etwa 45 Minuten zu erreichen sein. Steil bergauf. Ich überrede mich. Das Motorrad weit unten sehend blicke ich nach oben. Noch etwa 20 Minuten so schätze ich. Ich orientiere mich an ein paar Hufabdrücken und folge der Spur, doch aus mir wäre vermutlich nie ein Scout geworden. Ich finde den Wasserfall nämlich nicht und die Massage vom Morgen hätte ich mir auch lieber für den Abend aufsparen sollen. 

Drei Jungen, jeder hat einen Falken auf der Hand, kommen heran als ich anhalte. Ich strecke meine Hand aus und einer der Jungen setzt seinen Falken tatsächlich darauf ab. Vermutlich um anschließend von mir Geld fordern zu wollen, aber das macht er nicht als er ihn wieder zurücknimmt und ich belasse es dabei. 

Etwas weiter weg sehe eine kleine Halbinsel sichelförmig in den See ragen. An der Spitze stehen 2 oder 3 Yurten. Anfangs ein Schotterweg wird er schnell zum Sandweg. Jetzt nur nicht festfahren heißt die Devise, aber Luft aus den Reifen lassen brauche ich dann nicht. Es ist zu verlockend. Klamotten aus und rein, doch ich merke schnell, dass das Wasser ja aus den Bergen kommt, denn etwas an mir wird minimalistisch. 

Die Nacht verbringe ich in einer Jurte in Barskoon, etwa 80 km Jahr entfernt von Karakol, am gleichnamigen Fluss nur wenige Kilometer entfernt vom ebenfalls gleichnamigen Wasserfall. 

Der letzte Tag am Yssykköl bricht an. Das Frühstück ist eher dürftig dafür der Himmel fast ohne Wolken. Also los „Early Bird“ so früh sind noch keine Touristen unterwegs. Und tatsächlich, dafür aber die ungeliebten Bewässerungstankwagen. An einem ganz offensichtlichen Touristen Spot halte ich an und sehe die beiden Wasserfälle Barskoon groß und Barskoon klein. Schön. Reicht mir. Hoch muss ich nicht. Aber warum steht da auf einer Beton-Stele der Kopf des Kosmonauten Juri Gagarin? Ich fahre weiter und werde mehrfach von an mir vorbeidonnernden Tanklastwagen überholt. Wenn ich auf die Schnelle das Gefahrenschild richtig interpretiert habe handelt es sich wohl um Diesel. Wo wollen die denn hin? Ist doch eine Sackgasse!

Wenig später komme ich an einem großen Parkplatz vorbei wo sich alle zum großen "Show down" versammeln. Vor uns liegen 32 den Berg hinaufführende Kurven. Ich bin froh nicht hinten anstehen zu müssen. 

Die Straße ist zwar unbefestigt aber teilweise sehr gut zu befahren. Nach Erreichen des Passes in 3754 m Höhe befinde ich mich am Anfang einer schier endlos erscheinenden Hochebene. Die Berge ringsherum wirken nur noch wie Hügel. Mein Ziel ist ein Bergsee, den man laut Map ohne groß wandern zu müssen erreichen könnte. An einem kleinen Umspannwerk ein Abzweig. Jetzt sind es noch 37 km. Es ist frisch und windig. Ein Radfahrer begegnet mir. Es gibt offenbar noch Verrücktere. Kurz vor meinem Etappenziel stehen Schranken, Stoppschilder und ein turmähnlicher Containerbau. Keine Chance. Sicherheitsbereich. In der Ferne sehe ich eine riesige Tagebaugrube Dann also in einem weiten Bogen, mein weiteres Ziel, wieder zurück zum Abzweig.

Die sich an den "Hügeln" langsam formierenden und dicker werden Wolken gefallen mir nicht, zudem ist der Weg schlechter. Zurück! Marsch, Marsch! Nicht hier oben. Wenig später komme ich an der am Straßenrand stehenden Tankwagenkolonne vorbei und kenne nun auch ihr Ziel. 
Bevor ich am Abzweig allerdings wieder Richtung Yssykköl fahre geht’s nach links. Noch eben in 7 km Entfernung eine Pass in 4023 m "bezwingen". Kurz nach mir treffen ein vier SUV ein und wenden. Ich fahre weiter und erfahre warum. Das abfließende Schmelzwasser hat an manchen Stellen der Straße erheblichen Schaden zugefügt. Gut, dass ich nicht den Bogen gefahren bin. 
Entspannt geht es zurück. Bei Juri Gagarin, dem man übrigens hier ein Denkmal setzte, weil er sich nach seinem Weltraumflug dort ein paar Tage erholt haben soll, sind mittlerweile etliche Fahrzeuge und Touristen eingetroffen. Im Yssykköl nehme ich ein Abschiedsbad und mache nochmal Station bei „meiner“ Masseurin bevor es dann weiter nach Kasachstan geht. Am späten Nachmittag erreichen die dicken Wolken dann auch den Yssykköl.

Was dem Deutschen die Wurst ist hier u.a. Samsa

so sieht`s von innen aus

noch 4 Minuten, dann sind sie fertig

Beim Bäcker