Nordmazedonien

Ich hatte nicht geplant mich länger im Kosovo aufzuhalten und gönnte mir daher ab Pristina 50 km nagelneue, gebührenfreie Autobahn und bin wenig später in Nordmazedonien.

Zuvor jedoch lasse ich den Durmitor-National-Park und den Tara Canyon hinter mir und weil die Temperaturen langsam zu steigen beginnen beschließe ich bei 24 Grad eine Anzugserleichterung. Damit hätte ich aber vielleicht noch warten sollen., denn kurz danach geht es stetig bergauf. Kurvig schraubt sich die Straße im gleichen Verhältnis nach oben wie die Temperaturen wieder abnehmen. Ich überlege noch, ob ich mich wieder wärmer anziehen sollte, stehe ich plötzlich an einer Grenzstation, die eigentliche Grenze noch einige Kilometer entfernt und erfahre, dass ich etwa 10 km durchs Niemandsland fahren muss um den Grenzposten des Kosovo zu erreichen. Dort erhalte ich, wie 2020, für 10 Euro eine Kfz-Versicherung und dann geht es, bei zunehmend steigenden Temperaturen Kurve um Kurve aus den Bergen hinaus. 

Etwa 20 km nach der Grenze erreiche ich Skopje, wo ich mitten in der autofreien Altstadt gleich unterhalb der Burg, allen Verboten zum Trotz das mache, was Scooterfahrer auch machen und treffe direkt vor meinem Hotel ein. Duschen und los. Seit dem Frühstück nichts wieder gegessen. Der Flüssigkeitshaushalt stimmt gefühlt auch nicht mehr. Bin bestimmt völlig dehydriert, vielleicht sogar unterhopft.
Und dann lande ich wenig später in einer Art Pub mit einer a Cappella Sängerin, die noch etwas üben sollte, in dem es aber kein "Dark Beer gibt, man mir aber eines macht. Helles mit einem kräftigen Schuss Kaffee-Likör. Kann man so machen, kann man sogar trinken. Und irgendwann kann die Sängerin auch singen. 

Vorher aber noch einen kleinen Rundgang. Ich muss keine 500 Meter weit laufen und bin beeindruckt von den vielen historischen Gebäuden, Skulpturen und Statuen, nebst drei mit Skulpturen versehen Fußgängerbrücken über die Vardar. Ich muss mich zwischenzeitlich nur Umdrehen und schon ist etwas anderes zu bestaunen. Ich denke noch "mal wieder alles richtig gemacht!" mit der fußläufigen Nähe der Unterkunft zum Zentrum, kommen mir hinsichtlich der historischen Bedeutung und Echtheit aber auch erste Zweifel, hat das Ganze auf so engem Raum auch irgendwie etwas von einem monumentalen Museum.
Wenig später spreche vor einem solchen Gebäude mit dem Security und erfahre, auch anhand von gespeicherten Fotos in seinem Handy, dass beim Erdbeben von 1962 viel zerstört worden sei und das meiste vor dem Erdbeben, dort wo es heute steht, überhaupt nicht gestanden habe. Mit den 3 Koggen am Ufer also alles ein großer Fake. Trotzdem sehenswert.

Frühstück gibt es erst um 8 Uhr, so bleibt mir noch Zeit für einen kleinen Spaziergang. Fast ausgestorben wirkt der Basar und das komplette Umfeld da, wo gestern Abend noch ordentlich was los war. Später fahre ich dann zum Aquädukt etwas außerhalb der Stadt. Die Gegend ist schmuddelig, nur ganz wenige Gebäude im Hintergrund. Der kurze Stopp reicht völlig.

Der Matka-Canyon, wenige Kilometer hinter Skopje auf dem Weg nach Ohrid, lohnt sich da schon deutlich mehr. Ich gehe einen schmalen, in den Felsen gehauenen Pfad am aufgestauten See entlang, bis er nach ein paar kleineren Windungen bei einem kleineren Restaurant und ein paar Bootverleihern endet. Steil ragen die Felsen zu beiden Seiten in den Himmel.

Danach folge ich ein paar Kilometer dem Mainstream, biege dann aber auf eine Nebenstraße ab, umrunde einen weit verzweigten Stausee, fahre fast in Sichtweite zur albanischen Grenze weiter bis Ohrid, wo ich mir direkt am Strand ein 4 Sterne Hotel gönne.
Schnell geduscht und ab in die Altstadt. "The same procedure like yesterday".

Ich lasse mir Zeit. Warum auch nicht. Seit 10 Uhr bin ich auf der fast leeren Straße südwärts Richtung Albanien immer am westlichen Ufer des Ohrid See unterwegs. Immer wieder halte ich an, bin fasziniert von der Gegend und dem See. Zu recht ist er ins UNESCO Welterbe übernommen worden. Etwas mehr als einen Steinwurf von der albanischen Grenze entfernt mache ich beim Sveti Naum Kloster einen ersten kleineren Halt. Auf dem Parkplatz komme ich mit Marco und Francy, einem italienischen, noch recht jungen Rentnerpärchen auf ihrer 1200er Ténéré ins Gespräch. Sie wollen ein paar Monate unterwegs sein und in Kappadokien Ballon fahren. Na mal sehen, vielleicht sieht man sich wieder.


Es ist bereits Mittag und ich weiß nicht was noch vor mir liegt, war mir gestern Abend doch irgendwie nach griechischem Wein, Souvlaki und griechischem Salat.

Die Straße bringt mich kurvenreich in die Höhe und vom See weg. In jeder Kurve möchte ich anhalten so schön ist die Sicht. Mir kommt spontan "Hoch auf dem gelben Wagen" in den Sinn. "Vorwärts die Rosse traben...", "Ich möcht so gerne noch schauen...."
Bevor die Straße sich in einer letzten Kurve vom See entfernt, halte ich an, steige ab und bekomme fast "Pippi in die Augen". Was für ein unglaublich schönes Panorama. Ich kann mich nicht erinnern in 2020 ein solches Bild vor Augen gehabt zu haben. 

Es fällt mir schwer mich zu lösen, spricht mich eine junge Familie aus Dortmund an, er mit nordmazedonischen Wurzeln. Man habe mein deutsches Kennzeichen gesehen. Von ihm erfahre ich, dass es am nächsten See eine kleine unbewohnte, so genannte "Schlangen-Insel gäbe. Meine Neugierde ist geweckt und so fahre ich letztendlich auf einem Schotterweg am See entlang und muss dann anhalten weil es nicht mehr weiter geht. Die Insel habe ich nicht gesehen, dafür war das Wenden spektakulärer. Vermutlich habe ich die Kupplung zu sehr gequält. Plötzlich konnte ich nicht mehr auskuppeln und die BMW wurde immer schneller. Und da war er dann, der erste Umfaller.

Zündung aus. Abwarten. Aufrichten. Versuchen. Es geht.

Griechenland und der griechische Wein müssen warten, dafür finde ich meine nächste Unterkunft in Kavadarci, etwa 70 km vor der griechischen Grenze. Privat geführt mit eigenem kleinen prämierten Weinkeller und Tasting. Auf dem großen Flachbildschirm in der kleinen Lounge ein Musikkanal mit lasziven Musikdarbietungen. Zur Begrüßung bekomme ich vom Hausherrn einen Cabernet Sauvignon Barrique kredenzt, ein wahrhaft leckeres Tröpfchen und der Tag wahrhaftig intensiv.

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