Bosnien Herzegowina

Tag 5: Die Unterkunft in Karlovac war, wie auch große Teile der Altstadt, in einem bedenklich schlechten Zustand. Wäre ich in Begleitung einer Frau gewesen, ich hätte mir etwas anderes gesucht.
Nicht lange und ich erreiche bei Velika Kladusa die Grenze nach Bosnien Herzegowina. Neben meinem Personalausweis muss ich meinen COVID-Pass vorzeigen. Der vorgezeigte QR-Code hätte jedoch auch von einem Supermarkt sein können. Egal, es geht zügig hinüber.
Mehrere Grüppchen von Schwarzafrikanern kommen mir in der grenznahen Stadt entgegen und ich fühle mich ein wenig an Südafrika erinnert. Wenig später jedoch ändert sich das Bild und es überwiegt der ansonsten eher spröde Charme einer recht farblosen Gegend. Über einen aus unzähligen, unterschiedlichsten Grautönen bestehenden asphaltierten Flickenteppich, komme ich streckenweise an überwiegend verfallenen Wohnhäusern vorbei. Eine mögliche Landflucht scheint unverkennbar.
Über weite Kilometer folge ich dann dem smaragdgrünen Band der Una mit ihren kleineren Stromschnellen und urwüchsigen Ufern, wobei ich mehrmals mit Holzbohlen versehene holprige Bahnübergänge einer offenbar schon länger nicht mehr genutzten eingleisigen Bahnstrecke überquere.
Bereits am frühen Nachmittag treffe ich bei meiner, ebenfalls privat geführten Unterkunft in Sanski Most ein. Sie ist mit 16€ nicht nur mehr als die Hälfte preiswerter als die in Karlovac, sondern in Bezug auf Erhaltung und Sauberkeit um Längen besser. Mir bleibt Zeit für einen kleinen Bummel durch die ansonsten eher unscheinbare Stadt ohne besondere Sehenswürdigkeiten.
Hier als auch unterwegs stelle ich fest, dass es im Gegensatz zum südlichen Italien im letzten Jahr oder im von mir 2020 bereisten Teil von Serbien deutlich sauberer ist. Sehr wenig Müll am Straßenrand keinerlei Müllhalden in der Natur, an Ortseingängen, auf Parkplätzen oder wo man sonst noch Müll hinschmeißen könnte. Sauberkeit möchte man sagen wie in Deutschland. Dazu passt die Sauberkeit der Unterkunft, was ich aber im Grenzgebiet zu Montenegro schon wieder zurücknehmen müsste.
Und noch etwas fällt mir auf.
Ein Liter Diesel kostet mit knapp 1,60 € nicht ganz soviel wie in Deutschland, aber man zahlt hier mit Marka und Feninga. Die Währung heißt dann auch passender Weise "Konvertible Mark" und war bis zur Einführung des Euro der Deutschen Mark gleichgeschaltet. Der Kurs beträgt wie damals 1:2. Für 20 Euro bekomme ich 40 Marka. Der Unterschied ist, dass ich eben ein Rumpsteak gegessen habe und keine 24 € respektive 48 Mark bezahlt habe, sondern 12 Mark(a) und damit nur 6 Euro.
Ich frage nach dem Weg und man erklärt mir, dass man kein Englisch könne. In Deutsch. Auch der Kellner oder beim Bäcker. Man spricht deutsch. Die junge Mitarbeiterin meiner Pension war in Deutschland in einem Kindergarten. Eigentlich sind es nur die gemeinsam in lateinischer und kyrillischer Schrift gehaltenen Ortsschilder und die allgegenwärtigen Moscheen die den herausragenden Unterschied machen. Und das bei fast durchgehend westlicher Kleidung der Bevölkerung und ich frage mich, was ich eigentlich erwartet habe.
Womit ich nicht gerechnet habe ist, dass bis einschließlich 1. Mai Ramadan ist. Deswegen also kaum Menschen in den Cafés, sind laut Kellner alle alkoholischen Getränke weggeräumt und gibt es nur Cola, Wasser usw. im Restaurant. Er gibt mir aber einen Tipp, wo ich später noch ein Bierchen trinken kann. Einzig, dass in den Cafés noch geraucht wird ist störend.
Ach ja. Motorräder habe ich noch keine gesehen und werden es bis zum Schluss auch nur 4.
Große Pfützen auf den Fahrbahnen zeugen von Starkregen in der Nacht.
Dicht hängen die Wolken und die Sichtweite beträgt streckenweise 50 Meter. Die Temperaturanzeige, zwischen 0 und 3 Grad wechselnd, blinkt sich einen Wolf. 3 paar unterschiedliche Handschuhe einzupacken hielt ich nicht für nötig, so muss die Griffheizung alles geben. Eine dünne Schneedecke deutet das Unausweichlich an. Es beginnt zu schneien. Wäre mir Regen jetzt etwa lieber gewesen? Diese Einlage ist zum Glück nicht von langer Dauer und bald quälen sich sogar erste Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. 5 Grad erwärmen kurz das Gemüt, bleiben aber dennoch 5 Grad. Es scheint, als müsse ich da durch, denn auch wenn ich mein Navi von "kurvenreiche" auf "schnellste" Strecke nach Mostar einstelle, es bleiben ca. 260 km oder knapp über 5 Stunden. Nach 2 Stunden gönne ich mir dann erstmal den längst überfälligen "warm up".
Südlich von Jablanica
Und dann, 70 km vor Mostar, weichen die Wolken, klettert das Thermometer auf sage und schreibe 18 Grad.
Am frühen Nachmittag erreiche ich meine Unterkunft mit Balkon, direktem Blick auf den Fluss und nur 10 min von der "Alten" Brücke entfernt. Mit 24 € inkl. Frühstück ein absoluter Schnapper und ich beschließe um einen Tag zu verlängern
Mostar
Es regnet und so ist es gut, dass ich um eine Nacht verlängert habe.
Vorhänge zur Seite und weiterhin eine graue Wand. Egal, heute geht es weiter Richtung Montenegro. Zuvor aber fahre ich ins etwa 10 km entfernte Blagaj zur etwa 600 Jahre alten Derwisch-Moschee. Alle den Weg säumenden Souvenir-Shops sind geschlossen. Das Kloster liegt, mit an der Quelle der Buna, die mit ca. 43.000 Liter pro Sekunde zu den stärksten Quellen Europas gehört.
Etappenverlauf
Tags: Bosnien und Herzegowina