Bulgarien die Zweite

Tag 176 - Bulgarien: Bulgarien die 2te ist eigentlich genauso schnell erzählt wie Teil 1. Rein, übernachten und wieder raus. Tja wenn da nicht die kleinen Anekdoten wären, die diese Reise beleben und manchmal auch den Puls beschleunigen.
Bei bedecktem Himmel fahre ich in Istanbul los. An einem Sonntagmorgen um 10 Uhr ist in Istanbul fast genauso wenig los wie in einer deutschen Kleinstadt. Ich fahre die nördliche Route zurück und komme gut durch. Die letzten 50 der insgesamt ca. 250 km gönne ich mir noch ein paar Nebenstraßen was heißt, dass ich etwa 8 km im Stehen fahren muss.
Als ich mich dann dem kleinen Grenzübergang im Nordwesten der Türkei nähere (Malko Tarnovo in Bulgarien) sehe ich zuerst eine Baustelle. Hier wird wohl erst noch einer gebaut, schießt es mir durch den Kopf und als ich gerade beginne unsicher zu werden, ob ich hier überhaupt rüber komme, winkt ein Bauarbeiter mich weiter. Hinter einer kleinen Kurve tauchen Holzbaracken auf. Keine Behelfsbaracken sondern offenbar schon ewig in Betrieb befindliche. Der Grenzübergang. Ein junge Frau in Uniform sitzt auf einem Terrassenstuhl neben einer diesen kleinen Zellen, wo Zoll oder Polizei Papiere und Pässe entgegen nehmen, guckt gelangweilt auf, ansonsten Fehlanzeige. Ich weiß nicht so recht zu welchem Verschlag ich fahren soll. Ein Beamter im Schatten seiner "Zelle" sitzend ruft von links "Passport" und zeigt auf die nächste Luke neben der gelangweilten Beamtin. Diese blickt abermals auf und dann wieder auf ihre Fingernägel. Wenn noch einmal jemand über Deutsche Beamte eines schlechtes Wort verliert, dem werde ich diesen Grenzübergang empfehlen.
Ich fahre an die Luke und sehe erst in diesem Augenblick, dass da auch jemand drinsitzt. Eine wort- und ausdruckslose Handbewegung signalisiert mir "her damit!" woraufhin ich meinen Pass und die Fahrzeugpapiere hindurchreiche. Kann man sich vorstellen? Okay. Ich bekomme dann mit der gleichen Ausdruckslosigkeit meine Papiere zurück und will gerade losfahren, als einer hinter mir brüllt und auf die Totenmaske mit ihren Fingernägeln zeigt, die sich zwischenzeitlich in ihr Kabuff gesetzt hat. Genau neben dem Loch für Pässe. Ich meine Luke. Ich reiche ihr alles, was ich von ihrem Kollegen zuvor bekommen hatte und erhalte nach einer flüchtigen Durchsicht alles mit versteinerter Miene zurück. Das war die türkische Seite.
Anschließend rolle ich zum Bauplatz, bzw. den davor befindlichen Baracken auf bulgarischer Seite. Ein minimalistischer Fingerzeig deutet mir an, dass ich das Topcase und einen Seitenkoffer öffnen soll. Kurzer Blick hinein und dann, ja es geht tatsächlich eine Nuance freundlicher als bei den Kollegen von auf der anderen Seite, wird mir mit einem Anflug eines Lächelns gesagt "Passport" und man zeigt auf einen Mann in einem Einmalkittel.
Es ist ja nicht lange her, dass ich aus Griechenland kommend an der bulgarischen Grenze stand und relativ problemlos einreisen konnte. Diesmal war ich schon durch eine große Fahrzeugwanne mit Flüssigkeit gefahren und wurde einmal kurz abgesprüht. Jetzt stehe ich vor einem Beamten oder was auch immer in Einmalkittel. Ich habe nicht dran gedacht, dass die Türkei auch für Bulgarien ein sogenanntes Drittland ist und habe plötzlich nur drei Möglichkeiten für eine Einreise. Ein Covid-Test, Quarantäne oder Transit. Es war schon schwerer sich entscheiden zu müssen. Dann fülle ich einen Bogen in zweifacher Ausfertigung aus, Name, Ausweisnummer, Email, Telefonnummer. Grund der Reise? Natürlich Transit. Es stand was drauf von wegen wenn ich nicht, dann....
Lese ich vielleicht heute Abend in meinem Hotelbett in Burgas. Transit ?!
Jetzt sitze ich am "Sonnenstrand" in Bulgarien und müsste eigentlich noch auf der Straße Richtung irgend eines Grenzübergänge sein und gönne mir für 1,40€ einen Halben.
Das Auswärtige Amt warnt mittlerweile wieder vor Reisen in bestimmte Gegenden in Bulgarien. Den Bereich um Varna sollte man meiden und statt des "Goldstrandes" lieber auf den "Sonnenstrand" umbuchen. Bis hierhin habe ich also wieder mal alles richtig gemacht, bis auf die Tatsache, dass ich mich eigentlich nur auf der Durchreise befinden dürfte. Durch Varna muss ich zwar durch, mehr aber auch nicht. Immer an der Küste entlang stelle ich fest, dass man von der bulgarischen Schwarzmeerküste, zumindest beim Fahren, nicht viel sieht. Das sah in Italien oder Griechenland schon anders aus und wenn mal eine Straße an die Küste heranführt, dann ist alles so zubaut, dass man wieder nichts sieht oder man muss laufen oder einfach mal ein Verkehrszeichen oder eine Absperrung ignorieren. Das die Küste ansonsten relativ blickdicht ist bestätigt mir dann ein leicht untersetzter Motorradfahrer in camouflagefarbenen Shorts und T-Shirt, der für einen kurzen Plausch neben mir anhält, weil er mein Kennzeichen gesehen habe. Ich stehe am Fahrbahnrand, weil ich mal wieder das Orakel meines Navi befragen muss. Neben der Tatsache, dass die Küste hier scheinbar total verbaut zu sein scheint erfahre ich dann noch, dass er Rocker und früher Präsi bei "Gremium" gewesen sei und seine Zeit hier nun am Sonnenstrand verbringe, aber gelegentlich nach Deutschland müsse, weil er "Rücken" habe. Seine Harley und die bulgarischen Straßenverhältnisse hätten nicht zusammen gepasst. Was einem die Leute so alles erzählen. Armer Kerl, sah auch nicht gut aus auf seiner Yamaha TDM.
Nach diesem eher zweifelhaften Zusammentreffen, treffe ich dann auf bewaldeter Landstraße hinter einer Kurve stehend nach einiger Zeit fast die Ladekante eines Lkw. Der Fahrer, Typ Eckhart von Fa. Röhrich, "Gas Wasser Scheiße" und auf dem Beifahrersitz Werner, war gerade im Gespräch mit zwei "Anhalterinnen". Von denen sah ich unterwegs dann noch einige. Das öffentliche "Verkehrssystem" scheint nicht besonders ausgebaut.
Nicht lange und ich komme zur Grenze nach Rumänien. Die bulgarischen Grenzer kontrollieren mein Pass und meine Fahrzeugpapiere, laut Auswärtigem Amt wohl auch, um offenstehende Ordnungswidrigkeiten abzugleichen und dann bin ich ohne weitere Kontrolle in Rumänien. Warum mache ich mir eigentlich einen Kopf.
Für die Statistik:
1 Liter Normalbenzin 0,85 - 0,90 Euro
0,5 Liter Bier = 1,00 - 1,50 €
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