Kosovo

Kosovo: Der Kosovo ist schon wieder ganz anders als Serbien. Wieder mehr westeuropäisch. Fast schon irgendwie deutsch.
Hatten die nicht mal die D-Mark?
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich in einem Kreuzworträtsel die Frage nach der im Kosovo gültigen Währung nicht hätte beantworten können, einfach, weil ich mir nie Gedanken darüber gemacht hatte. Vieles wird oft selbstverständlich. Da fahre ich durch Westeuropa und überall gilt der Euro. Auf dem Balkan kann man dann aber schon mal durcheinander kommen. In Kroatien gibt es den Kuna, in Montenegro wieder den Euro, in Serbien den Dinar und in Albanien den Lek. Dazwischen liegt der Kosovo. Und womit zahlt man dort?
An der Grenze hätte ich schon stutzig werden müssen. Die grüne Versicherungskarte ist nicht gültig, hatte ich in der Vorplanung auch schon mal gelesen, und muss mir für 10 Euro eine Versicherung kaufen. Da hätte er fallen können der Groschen, macht er aber nicht. Keine grüne Versicherungskarte, kann kein Euro möglich sein. Ein relativ verlässlicher Hinweisgeber sind im Grunde die Tankstellen. Auf dem Weg nach Pristina fahre ich auf einer gut ausgebauten breiten Straße an einigen Tankstellen vorbei. Der Preis für Diesel und Benzin variiert aber immer ist eine "0" vor dem Komma. 0,85 / Liter für Benzin. Das kann unmöglich in Euro sein. Nirgends ein Hinweis auf die Währung. Schließlich muss ich sowieso tanken und bezahle in Euro. Na also. Geht doch. Im angrenzenden Restaurant bekomme für 4 Euro einen kleinen Grillteller, 1 Flasche Cola und 2 Cappuccino und buche über booking.com ein Appartement in Pristina für 20 €.
Und dann kommt, mit Hilfe des Internets, langsam Licht in die grauen Zellen. Der Kosovo und Montenegro hatten seinerzeit den Euro eingeführt und nach dem Bürgerkrieg bis dahin sogar die D-Mark gehabt und nebenbei erfahre ich, dass Pristina als die jüngste Hauptstadt Europas gilt. Was man nicht schon wieder alles so vergessen hat. Eigentlich mache ich fast so etwas wie eine Bildungsreise. Schade, dass ich das nicht mehr als Bildungsurlaub ansetzen kann.
Der Kellner spricht perfekt deutsch und überhaupt habe ich den Eindruck in einer deutschen Enklave zu sein. Alles oder zumindest sehr viel wirkt westeuropäisch. Hier und da deutsche Wörter. Auf den Straßen ist gefühlt jedes dritte Auto, von einem deutschen Hersteller und von denen jeder zweite ein Golf.
Die Nacht in dem Appartement war das mieseste, was ich bis dato erlebt hatte und bin deshalb froh weiterzukommen. Pristina sagt mir auch nicht zu und hat außer einer modernen Architektur nicht wirklich viel zu bieten.
Nationalbibliothek
Weil ich den Kosovo aber nicht mit diesen Eindrücken verlassen möchte, werde ich länger bleiben und hab mir ein nahe der Altstadt gelegenes Hotel in Prizren ausgesucht. Kleiner Balkon und Blick in den Garten einer Moschee. Bevor ich aber am frühen Nachmittag dort eintreffe, mache ich einen Stopp in Ferizaj und in der Fußgängerzone eine kleine Pause. Das besondere in Ferizaj ist, dass dort Moschee und orthodoxe Kirche einträglich nebeneinander stehen. Im Grunde wie bei uns evangelische und katholische Kirche. Also so besonders dann vielleicht doch wieder nicht.
einträgliches Nebeneinander
Ich fahre weiter in die Berge, komme durch kleine Bergedörfer, in denen das Leben eine andere Melodie zu spielen scheint als in der modernen Großstadt und nach
Brezovica. Brezovica soll ein Skigebiet von herausragender Bedeutung sein. Das Hotel das ich sehe hat den Charme des vergangenen Sozialismus und auch sonst muss man dieses Gebiet wohl mögen oder passionierter Wintersportler sein um es so loben zu können.
Noch 47 km bis Prizren., doch meine Weiterfahrt wird jäh von einem Polizisten gestoppt. Die Straße ist wegen eines Erdrutsches gesperrt. Auf etwa 100 Meter erklärt mir der Polizist sei alles zu und auch keine Möglichkeit für ein Motorrad gegeben. Es ginge schließlich um meine Sicherheit und nicht um seine. Der Umweg nach Prizren würde dadurch 120 km betragen. Dann mischt sich ein offenbar Ortskundiger ein und zeigt mir eine Abkürzung. Nachdem feststeht, dass es ein Trampelpfad und dieser noch steiler ist als der Schotterweg im Durmitor winke ich dankend ab. Einer Eingebung folgend frage ich den Polizisten, ob er vielleicht mit mir ein Ärmelabzeichen tauschen wolle. Offenbar gibt es im Kosovo keine Klettabzeichen bei der Polizei und so scheitert ein Tausch, aber scheinbar hat sich der Erdrutsch in der Zwischenzeit verkleinert. Ich solle es mal versuchen aber vorsichtig fahren. Ein Schaufellader, ein LKW und ein Gesteinshaufen auf der Gegenspur sind alles was ich sehe. Am Ende der gesperrten Strecke stehen für die Gegenrichtung Polizei- und KFOR-Kräfte. Ein kurzes zunicken beim Vorbeifahren wird mit kurzem nicken beantwortet.
Blick vom Zimmer aus in den Garten der Moschee
Blick vom Garten der Moschee aus zum Hotel
Nachdem ich mein Zimmer bezogen habe mache ich einen entspannten Gang durch die relativ überschaubare Altstadt von Prizren. Als um 17 Uhr von den Minaretten zum Gebet, ja was eigentlich? Gesungen? Sagen wir mal gerufen wird, stehe ich gerade neben der Moschee an meinem Hotel.
In Marokko ist es mir einmal passiert, dass mir als Nicht-Moslem das Betreten einer Moschee verboten worden ist. Hier antwortet man mir mit einem freundlichen nicken, dass ich eintreten darf. Die Schuhe muss ich natürlich ausziehen.
Ich habe beschlossen nicht mehr nach Nordmazedonien zu fahren, obwohl die Grenzen seit dem 26.06.2020 offen sind. Die Einschränkungen dort halten mich davon ab.
Morgens um halb zehn gehe ich dafür bei bereits 29 Grad den 500 Meter langen aber dafür sehr steilen Weg zum Fort, weil man von dort einen tollen Blick auf die Stadt haben soll. Die Morgensonne im Rücken komme ich schweißgebadet oben an. Ach was freue ich mich gleich auf den Fahrtwind. 45 Minuten später sitze ich im Sattel. Die Jacke offen, lasse ich mein T-Shirt vom warmen Fahrtwind trocknen. Auf einer zweispurigen Straße geht es aus Prizren raus Richtung Grenze. Die ist dann schneller erreicht als gedacht und ruckzuck bin ich in Albanien.