Serbien

Serbien. Eigentlich war die geplante Strecke durch Serbien nur ca. 200 km lang und wäre fast an einem Tag zu schaffen gewesen,

aber warum? Es werden ca. 480 km.  Eigentlich war eine Nacht geplant, es werden zwei.

Serbien ist anders. Manche Häuser sind stark sanierungsbedürftig und dennoch scheinen sie bewohnt zu sein. In Serbien wird noch überall geraucht, in Serbien hat man wie damals in Jugoslawien noch den Dinar und je nach Gegend überwiegend kyrillische Schrift. Man spürt und sieht einen ostmanischer Einfluss und es ist wie damals in der DDR, als man Geld umgetauscht hatte und nicht wusste, wie man es ausgeben sollte. Ich habe mich am Benzinpreis orientiert und Geld abgehoben, aber dann kostet der Cappuccino 60 Cent, 0,4.ltr Bier in der Kneipe 1,20 € und ein komplettes Mittagessen inkl. Getränk 4 €. Der Rest geht dann halt in den Tank.  

Auch hat Serbien mit Sicherheit kein Motorradproblem am Wochenende, denn gesehen oder gehört habe ich nur eine Handvoll Motorräder und Scooter. Dafür hat Serbien aber ein Müllproblem. Ich würde sogar sagen, dass Serbien je nach Gegend geradezu dreckig ist. An manchen Straßenrändern sieht es aus, als handele es sich um Zufahrten zu Mülldeponien. Selbst in den kleinsten Flüssen schwimmt unübersehbar Müll. Ich komme an einer Quelle vorbei wo jemand gerade Wasser in seine Plastikflasche füllt. Neben ihm stapelt sich der Müll. Ich fahre durch einen Ort an dessen Ortseingang und Ausgang sich eine kleine Müllkippe unmittelbar am Straßenrand befindet. Ich fahre durch weiter entfernte Straßen in bewaldetem Gebiet und komme an einer stinkig qualmenden Müllhalde vorbei. In manchen Dörfern oder kleineren Städten durch die ich fahre, und dabei gelegentlich auch durch die hintersten Nebenstraße komme, sieht es aus, als gäbe es keine Müllabfuhr. 

Natürlich sieht es nicht überall so aus. Um Kopaonik fahre ich in 1600 Meter Höhe durch Winterskiorte in denen riesige Hotelanlagen stehen und weitere gebaut werden. Hier, wo offensichtlich nur der Tourismus wohnt, findet sich kein solches Bild. An einem Schlagbaum soll ich 300 Dinar bezahlen. Als ich stur bei meinem Deutsch bleibe winkt mich der Oberschlagbaumpförtner weiter. Vielleicht wird das Geld ja für die Müllentsorgung genutzt. 

Ich habe in Sjenica übernachtet. Auf mein "Lederbier" am Abend musste ich in der überwiegend muslimisch geprägten Gegend allerdings verzichten. Im Hotel erzählt mir ein Österreicher, dass man dort in den letzten Jahren immer fundamentaler geworden sei. denn früher sei es kein Problem gewesen. Ich fahre zum Uvac, wo man an einer etwas entlegenen Stelle einen wundervollen Blick auf den sehr geschlungenen Flusslauf haben soll. Nach ca. 2 km über Schotterpiste und noch 6 km vor mir breche ich ab, weil mir der Weg zu unsicher wird. Dann nehme ich eben nur mit einer kleinen Kurve des Flusses vorlieb. Der Blick mit der Morgensonne im Rücken ist jedenfalls ganz nett. 

Ich habe beschlossen Serbien nicht gleich wieder am nächsten Tag zu verlassen, sondern weiter Richtung Osten zufahren und von dort in südlicher Richtung nach Pristina. Wenige Kilometer vor der Grenze gibt es Fels- bzw. Erdformationen mit dem Namen "Djavolja Voros", "Teufels Stadt", die ich mir gerne ansehen möchte. In Kursumlija übernachte ich im einzigen Hotel am Platz und muss mein Motorrad auf einem öffentlichen Parkplatz abstellen, dafür aber neben den Streifenwagen der dortigen Polizeiwache.

Ich hadere noch, ob ich nach Nis fahren soll um mir den "Cele Kula", den Schädelturm anzusehen. Vor Corona und der Schließung der Nordmazedonischen Grenzen lag Nis auf meinem Weg. Dann beschließe ich die 60 km lange Strecke doch zu fahren, aber hin und zurück auf dem schnelleren Weg, denn ich möchte auf jeden Fall zur "Teufels Stadt". Nis ist die drittgrößte Stadt Serbiens mit etwa 250000 Einwohnern. Gibt man einen Ort ins Navi ein, kommt man zumindest schon mal in die Ortsmitte. Dort frage ich einen telefonierenden Taxifahrer, der sein Handy sofort an mich weiterreicht, weil er kein englisch oder deutsch spricht. Am anderen Ende eine Frau, seine Frau wie sich dann herausstellt. Sie spricht hochdeutsch ohne Akzent. Nicht lange und ich weiß wie ich zum Schädelturm komme und was ich mir sonst noch ansehen sollte. Dann muss ich dort weg, weil die Spur auch den Bussen gehört.

Der Schädelturm steht in einem eigenen Gebäude, bzw. ist dieses um ihn herum zum Schutz vor weiterem Verfall gebaut worden. Vom Schädelturm, der 1809 von den Osmanen aus den Knochen und 952 Schädeln von insgesamt 3000 gefallenen aufständischen Serben errichtet worden war, hatte ich mir dann aber mehr versprochen. Der ehemals etwa 5 Meter hohe Turm ist über die Zeit mehrfach beschädigt worden und von den Schädeln existieren nur noch 58, weil sie gestohlen oder beerdigt worden sein sollen. Dennoch kann man sich ein kleines Bild davon machen und sich vorstellen, wie der Turm nach Fertigstellung auf die überlebenden Serben gewirkt haben muss. Vielleicht ähnlich, wie an provisorischen Galgen hängende Mitbürger. Nach einer Mittagspause und einem kleinen Spaziergang in der ehemaligen Festungsanlage mache ich mich wieder auf den Weg. 

Eingang zur alten Festungsanlage

Wenige Kilometer vor dem Abzweig zur Teufels Stadt lese ich auf einem Schild "Geschenk der Natur", 11 Kilometer. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass könnte man schaffen. Ich komme in einem kleinen Kurort an. Auf einem kleinen vorgelagerten Felsen thront eine kleine orthodoxe Kirche die über eine schmale Brücke zu erreichen ist, was ich mir aber erspare. Ich trinke im angrenzenden Kursanatorium eine Cola, obwohl ich auch frisches Quellwasser hätte trinken können, was ich aber erst bemerke, als ich die Cola wieder wegbringe. Scheint jedoch ein Besuchermagnet zu sein. Bushaltestelle direkt neben mehreren Souvenirständen. Vielleicht fehlte mir einfach nur die Ruhe und die Muße, um mich auf dieses "Geschenk der Natur" einlassen zu können. 

In der langsam tieferstehenden Nachmittagssonne erreiche ich die "Diavolja Voros". 800 Meter bergauf komme ich bei Temperaturen um 30 Grad schweißgebadet oben an. Ja wie soll ich mich ausdrücken? Hätte ich das vorher gewusst. Natürlich habe ich "Eintritt" bezahlt, wird auf der Tourismusseite Serbia.com vollmundig von einer Nominierung zu den "Sieben Wundern der Natur" gesprochen und soll es sich der Legende nach entweder um versteinerte Hochzeitsgäste handel, die auf Befehl des Teufels einen Bruder und eine Schwester heiraten wollten oder Menschen, die von der Hexe versteinert wurden, weil sie ihr Versprechen nicht erfüllten. Für mich sehen diese Erdformationen aus wie überdimensionierte Morchel die bald in sich zusammenbrechen könnten. Vielleicht saß ja jemand im Gremium, der es ähnlich gesehen hatte, denn es blieb bei einer Nominierung. 

Kurz danach überquere ich die Grenze zum Kosovo und lasse Serbien mit einem Eindruck hinter mir, der diesem Land vermutlich nicht ganz gerecht wird. 

Und was ich sonst noch sah:

wohl eine Blindschleiche...

und die?

Elvis ist zwar tot, aber der Yugo lebt tatsächlich noch

dieser aber nicht mehr

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