Schneeregen
Tag 210-212 - Norwegen: "Und nur über dem Atlantik und Skandinavien regnet es!" sagte der Wetterexperte gestern Abend in den Heute-Nachrichten und damit schien er wohl recht zu haben, denn wenn anderswo Kurze-Hose-Wetter ist, habe ich bereits meine Thermounterwäsche untergezogen.
Im Regen kam ich im Hotel in Trondheim an, machte ich noch einen kleinen Stadtbummel und im Regen fahre ich weiter. Gelegentlich kommt immer mal die Sonne durch.
Nach einem Frühstück das keine Wünsche offen lässt, was schon lange her ist, geht es heute ins Landesinnere nach Røros. Røros gehört zum UNESCO Weltkulturerbe, weil es eine der ältesten und zudem vollständig und gut erhaltenen Holzhaussiedlungen Europas beherbergt. Ich nutze die kurzen Aufheiterungen für das eine oder andere Foto, denn langsam wird es Herbst und Norwegen wird trotz Regen bunter. Nachdem ich die ersten 50 km der überwiegend einspurigen E6 mit ihren Lkws auf dem Weg Richtung Oslo für einige Zeit genießen durfte, bin ich froh bei Støren endlich abbiegen zu können. Ab jetzt geht es die ganze Zeit in Sichtweite zum Gaula, dem größten Fluss in Mittelnorwegen, der zwischendurch immer mal wieder mit kleineren Wasserfällen oder Brücken aufwarten kann, stetig bergauf. Immer mal wieder regnet es, gibt es aber auch kurze sonnige Abschnitte, doch die Temperaturen sinken unaufhörlich. Als nach etwa 75 km der Gaula links abbiegt und ich geradeaus weiterfahre, zeigt die Anzeige bereits nur noch 7 Grad an und geht noch weiter runter.
Bevor ich nach Røros fahre möchte ich zuvor noch zur "Olavsgruva", eine erst 1977 stillgelegte Kupfermine. Erst nach Røros und dann zur Mine zu fahren erscheint mir ein Umweg und auch Navi und Handy sind der Meinung, dass es eine Alternative gäbe.
Ich sehe das nach dieser Erfahrung etwas anders und suche einen anderen Weg. Irgendwann lande ich auf einer durch den Regen schmierig gewordenen Schotterpiste.
Wann ist eigentlich der Punkt erreicht, an dem man umdrehen sollte? Mit max. 30 km/h fahre ich weiter in der Gewissheit, dass das ja nicht ewig so gehen kann. Ich komme an einer Feriensiedlung vorbei, aber von Asphalt keine Spur. Nach fast 10 km komme ich dann endlich bei der ehemaligen Mine auf einem in 850 m Höhe gelegenen baumlosen Plateau an. Eine Asphaltstraße führt auf der anderen Seite des Geländes von dort wieder weg. Erst Røros wäre wohl besser gewesen. Die Mine hat geschlossen, was mich nicht wundert, denn die Anzeige zeigt mittlerweile 3 Grad an und es weht ein kalter stürmischer Wind. Und dann, im ersten Augenblick halte ich es noch für eine Sinnestäuschung, setzt sogar Schneeregen ein, der dann aber nach wenigen Minuten wieder aufhört. Es ist fast nicht möglich Fotos zu machen ohne, dass das Objektiv Regentropfen abbekommt. Mit klammen Fingern bekomme ich aber ein paar in den Kasten. Ganz in der Nähe komme ich dann an der ebenfalls geschlossenen Mine "Storwartz" vorbei.
An der Rezeption sagt man mir später, dass es nur noch ein paar Tage dauern dürfte bis der erste Schnee falle, in der Nacht jedenfalls solle es bereits Minusgrade geben. Bevor das aber soweit ist, mache ich mich auf den Weg noch etwas von Røros und seiner Haussiedlung mitzunehmen. Ich bin beeindruckt. Der Kern des Ortes besteht gänzlich aus Holzhäusern und man kommt sich vor wie in einer anderen Zeit. Eine Kulisse wie in einem Film. Hinter dem Museum, der ehemaligen Schmelzhütte, befindet sich eine riesige Abraumhalde von der man eine tollen Blick auf den Ort hat. Davon ab geht eine Gasse, in der sich kleine, gedrungene Holzhäuser der offenbar einfacheren Bergleute befinden, die mit Sicherheit aus dem 19. Jahrhundert stammen dürften. Eine wunderbarer Abstecher ins Landesinnere, mit so manchem Erlebnis.
Es liegt kein Schnee auf meinem Motorrad, obwohl die Berge rings herum dünne weiße Kuppen bekommen haben. Mich reizt es zu gucken, ob es bei der 200 Meter höher gelegenen "Olavsgruva" auch weiß ist, lasse den Gedanken aber gleich wieder fallen. Eine Stunde nur fürs Gucken halte ich dann doch für etwas übertrieben. Als ich die Zündung einschalte beginnt die Temperaturanzeige an zu blinken. 3 Grad, aber trocken und leicht bewölkt.
Ich möchte Kristiansund erreichen, weil ich dort ein Hotel gefunden habe. Wie bereits gestern fahre ich eine ganze Zeit lang auf einer Kreisstraße an einem Fluss entlang. Erneut begleiten mich kleinere Wasserfälle oder Stromschnellen und auch das eine oder andere interessante Objekt, wie zum Beispiel ein altes Wasserkraftwerk.
"Eidsfossen Kraftstasjon"
Ganz langsam und je näher ich der Westküste komme, und mich damit dem Meeresspiegel nähere, wird es auch wieder wärmer. Die Temperaturen steigen gegen Nachmittag auf 12 Grad. Gelegentlich lässt mich mein Navi abbiegen und dann bin ich schnell auf einer dieser Schotterpisten von gestern und bekomme den Eindruck, als sei das für die kleineren Nebenstraßen ziemlich normal. Vielleicht sind die Straßen frostfester und in der Instandhaltung nicht so kostenintensiv. Matschig sind sie auf jeden Fall nicht und fast gänzlich ohne Schlaglöcher.
Je näher ich Kristiansund komme, desto weniger fahre ich durch mehr oder weniger hügeliges hochland sondern entlang sich immer weiter öffnenden Fjorden. Am späten Nachmittag erreiche ich Kristiansund und mein Hotel. Es hat kein einziges Mal geregnet.
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