Weiter nach Thessaloniki

Tag 163-166 - Griechenland: Nachdem ich in letzter Zeit schon einige Probleme hatte und nun auch noch, warum auch immer, die hintere Bremsscheibe einen Schlag hat, vermutlich schon länger hatte, denn es zeigt sich dort Rost auf der Scheibe, wo der Bremsbelag nicht hinkommt, habe ich seit heute Vormittag ein neues Motorrad.
Gefühlt zumindest. Neue Bremsscheibe und neuer Hinterreifen und das gesamte Motorrad fährt plötzlich anders. Kein Flattern des ABS oder meiner Nerven mehr. Unzählige Male, wo das ABS angeschlagen hatte und ich es auf die Fahrbahnbeschaffenheit, dann auf das ABS und als ich es abgeschaltet hatte und prompt ins Rutschen kam, wieder auf die Fahrbahn geschoben hatte. Niemand hat mir allerdings ins Drehbuch geschrieben, dass ich bald nach Verlassen der Werkstatt schon meine erste Teststrecke zu absolvieren habe. Kommt natürlich wieder einmal völlig überraschend. Diesmal tatsächlich, denn ich will auf relativ schnellem Wege Richtung Ostküste und damit auch zum Olymp. Als ich noch überlege ob ich die breite und scheinbar ganz gute Schotterpiste tatsächlich fahren soll, irgendwo weiter vorne habe ich eine riesige Staubwolke gesehen und meinte einen LKW darin entdeckt zu haben, sehe ich im Rückspiegel schon den nächsten LKW kommen. Ich sehe die beigefarbenen Pflanzen am Straßenrand und kann mir ausmalen, wie ich gleich aussehen werde wenn ich den LKW erstmal vorbei gelassen habe. Also gut, dann mal los. Das wird dann schon mal eine Strecke zum warm werden. Etliche Kilometer später kommt dann die eigentliche 12 km lange Bewährungsprobe. Vergleichbare Strecke wie auf dem Weg zur Halbinsel Mani, nur diesmal kein Anschlagen des ABS mehr. Kein Stakkato des Vorderreifens, wenn er in den Schotter haut, angetrieben durch das vielleicht sogar defekte?? ABS. Schon vorher hatte ich auf Asphalt gemerkt, dass das ABS da ruhig blieb, wo es in den letzten Wochen nicht selten reagiert hatte, was dann auch jeweils zu deutlich längeren Anhaltewegen geführt hatte.
Der Mechaniker in der Werkstatt hatte recht. Ich werde einen Unterschied merken. So kann es weitergehen. Ich erlebe im positiven Sinn mein blaues Wunder. Das Motorrad, das mir zunehmend den Spaß an der Tour genommen hatte, gewinnt verlorenes Vertrauen zurück und ich meine alte Entspanntheit.
Von Kastraki nach Panteleimonas, sind es auf der schnellsten Strecke 140 km und man soll es in 2 Stunden schaffen. Ich schaffe mal wieder etwas anderes. 190 km in 6 Stunden mit einer kleinen Pause. Hat jemand gesagt, dass ich einen Termin habe? Das Einzige was ich mal wieder nicht habe, ist eine Unterkunft für die Nacht.
Im ersten Hotel möchte man 25€ haben für ein 3-Bettzimmer mit Klimaanlage, aber mit einem Restaurant und einem Pool die nicht geöffnet sind und das ansonsten ein wenig "ab von Schuss" liegt. Das nächste Hotel, schon näher dran an etwas mehr Leben und wohl auch gleichzeitig fast die Luxusherberge, will inklusive Frühstück anfangs 70 € und dann 50€. Etwas zu teuer finde ich und dafür ein paar hundert Meter weiter ein einfaches Studio, dessen Küche eigentlich auf den Sperrmüll müsste, für 30€ ohne Frühstück, aber dafür mittendrin. Quasi kurze Wege. Jeder hat halt so seinen individuellen Schwerpunkt.
Ausgehandelt habe ich mit der Tochter, kommt aber wenige Augenblicke später die Mutter um die Ecke, Monika, und meint wir könnten eigentlich auch auf deutsch weiterreden und duzen uns nach wenigen Minuten. Die Einladung auf Kaffee und Kuchen nehme ich an und wir sitzen, irgendwie wie auf einem Dauer-Campingplatz, im "Esszimmer" an der Seite des Hauses mit Sonnensegel, Sitzecke und kleiner, studentenähnlichen Chaosküche. Monika ist geschätzt ein paar Jahre jünger als ich und in Krefeld geboren. Als sie 15 ist gehen ihre Eltern zurück nach Griechenland und sie mit. Irgendwie wieder einmal eine Fügung, ein Aufeinandertreffen, dass diese Reise bis dato so unglaublich und auch einmalig macht. Wir sprechen auch über Ängste im Zusammenhang damit, dass sie eine solche Tour allein schon deshalb nicht machen würde, weil sie Angst hätte in Albanien, Montenegro etc.. Vielleicht sogar außerhalb von Griechenland? Ich weiß es nicht. Monika passt auf ihre beiden kleinen Enkeltöchter auf und die sind sehr anstrengend. Es wird Zeit für mich unter die Dusche zu springen und ein Restaurant zu suchen.
Ich weiß, dass ich nicht auf den Gipfel des Olymp kommen werde, denn dafür müsste ich einige Kilometer den Berg hinaufwandern und unterwegs übernachten, was als solches einen gewissen Charme hätte, aber meine "3.o Wanderstiefel" aus dem Motorrad-Shop sind mir schon beim Fahren zu warm. Ich fahre soweit bis die Straße zu Ende ist und sehe dort ein scheinbar schon am frühen Mittag überfülltes Restaurant, der Parkplatz ist jedenfalls schon voll und entscheide mich den Rückweg anzutreten.
Ich fahre nach Dion und begebe mich, mal wieder, auf antike Spurensuche. Suchen muss ich nicht, dass haben Schliemann und Co schon gemacht, aber ich suche das Museum und anschließend auch die antike Stadt auf. Das Highlight im Museum ist ein Bodenmosaik aber auch manche Statuen und Grabbeilagen sind in einem super Zustand. Auf der Ausgrabungsstätte selbst sind zum Beispiel das Bad und die Toiletten gut erhalten und hat man vereinzelt Einblick in die Konstruktion des Abwasser Systems.
DionDas Römische Bad - Unterkonstruktion des Fußbodens, wo sich das warme Wasser als Fußbodenheizung befand
Im Museum
Ich übernachte in Vergina, das als bedeutendste archäologische Stätte Nordgriechenlands gilt. Vier intakte Gräber, die u.a. dem makedonischen König Phillip II zugeordnet werden, soll man hier besichtigen können. Nach dem Frühstück mache ich mich zeitig auf den Weg, denn heute soll es heiß werden. Ich möchte nur die Königsgräber besichtigen denn nach Museum ist mir nicht, bis mir jemand sagt, dass ich zum Museum müsse, weil dort die Gräber seien. Durch ein Tor wie zu einem Park gelange ich auf einen großen Platz, an dessen linker Seite das Tickethäuschen fast ein wenig verloren wirkt. Vor mir, bzw. hinter dem Platz erhebt sich aber kein weiteres Gebäude sondern ein Gras bewachsener Hügel und ich beginne zu verstehen, dass die Gräber das eigentliche Museum sind. Ein- und Ausgang führen jeweils rechts bzw. links etwas seitlich in den Hügel hinein und wirken dadurch selbst schon wie der Zugang zu etwas unterirdischem. Nachdem man die Gräber gefunden und freigelegt hatte, hat man sich offenbar ganz bewusst wieder für die vorherige Erscheinungsform des Geländes entschieden. Im Inneren ist es dunkel. Oder zumindest nur so hell, wie die Beleuchtung der einzelnen ausgestellten Exponate es zulassen. Ich brauche etwas Zeit um mich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen, aber dann bekommt der ganze Raum etwas Grab ähnliches. Treppen führen zu den einzelnen hausgroßen Grabkammern hinunter bis kurz vor die Eingangsseite mit großer Tür. Anhand der am jeweiligen Treppenabgang stehenden Modelle hat man eine Vorstellung wie es im Inneren aussieht und wie es angetroffen wurde als man sie entdeckte. Entsprechende Fotos sind genauso ausgestellt, wie die Grabbeilagen, die, wie es sich für einen König geziemt, in einem hervorragendem Zustand sind. Ohne prahlerisch wirken zu wollen, habe ich in Ägypten im Tal der Könige schon ähnliches gesehen, aber diese Anlage, diese Art der Darstellung ist einfach nur phantastisch. Ich bin froh, dass ich an diesem Vormittag doch in ein Museum gegangen bin, denn das muss man gesehen haben.
Model der Anlage bei AusgrabungModel einer der Grabkammern
Originaleingang zur dahinter befindlichen Grabkammer
Fotoaufnahme nach Öffnung der Grabkammer
Grabbeilagen König Phillip II
Was ich mir dann eigentlich hätte ersparen können waren die Tipps des Sohnes vom Hotelbesitzer in der Gegend um Naoussa und Kopanos. Das Theater "Mieza" hat die Größe einer ähnlich angelegten Sitzecke auf dem Pausenhof einer Gesamtschule und das einzig spannende an der "Schule des Aristoteles" war die Ausführung des Aufpassers am Ziegenstall ähnlichen Häuschen am Eingang, dass ich auf Schlangen aufpassen möge. Jeder Bauernhof, von dem nur noch Grundmauern zu sehen sind, ist sehenswerter.
Pella, ebenfalls eine Ausgrabungsstätte und Örtlichkeit, wo Alexander der Große geboren und groß im Sinne von erwachsen geworden ist, ist da schon wieder etwas anderes. Ich bin bei knapp unter 40 Grad der Einzige, der über die große Anlage der freigelegten, im Schachbrettmuster angelegten Stadt läuft von der irgendein Reiseführer geschrieben hatte "Schöner wohnen Anno 400 vor Christi". Riesige Wohnhäuser sind zu sehen in denen fast jedes mit einem Brunnen oder Abwasserkanal ausgestattet ist. Große relativ unversehrte Bodenmosaiken sind zum Schutz vor Sonne und Wetter überdacht. An den Seiten der größeren Straßen verlaufen noch die Abwasserrinnen. Trotzdem bin ich mir bei dem guten Zustand der Mauern nicht sicher, ob die jüngste Vergangenheit da nicht etwas nachgeholfen hat. Dann fahre ich noch ins 1,5 km entfernte Museum. Hier bin ich ebenfalls einziger Besucher und komme mir etwas verfolgt vor, da an jeder Ecke immer Jemand sitzt und "aufpasst". Danach habe ich das Weite gesucht und bin über Hauptstraßen nach Thessaloniki gefahren. Ich habe von den antiken und damit toten Städte erstmal genug. Jetzt möchte ich wieder LEBEN.
Pella - "Schöner Wohnen"
Ich sitze in Ladadika einem kleinen Bezirk von Thessaloniki in der Nähe des Hafens und habe dort gerade zu Abend gegessen. Der kleine Platz ist voller Tische. Viele sind nicht besetzt, aber der Platz, die kleinen Straßen die davon abgehen leben. Gerade hat mir die Bedienung mitgeteilt, allem Anschein nach wohl eine Schülerin, denn sie wird nur für bestimmte Aufgaben eingesetzt, dass es ein Dessert gäbe. EIS. Sie betont dabei aber auch "FOR FREE". Na da kann man doch gar nicht nein sagen und ich lasse es mir schmecken.
Ich sehe Pärchen und mir wird bewusst, dass es hier auch zu zweit schön wäre, ich aber andererseits vielleicht auch nicht sehen würde was ich sehe.
Rotonda
Geburts- und Wohnhaus von Kemal Atatürk
Agia Sofia von außenvon innen
Kamara
Ausgrabungsstätte mitten in Thessaloniki
Der Weiße Turm
Tags: Griechenland