Delphi+Meteora

160+161 - Griechenland: Wie in den Nibelungen Hagens Speer die Lindenblatt große, verletzliche Stelle an Siegmunds Schulter triff, so trifft auch das stechende Insekt die schmale Stelle zwischen meiner Helmschale und meiner Brille und damit meine rechte Augenbraue. Zwar werde ich nicht tödlich getroffen, doch mein Auge schwillt an.
Jetzt bin ich während des Fahrens mittlerweile zum dritten Mal von einer Biene o. ä. gestochen worden. Bienenkästen gibt es hier an jeder Ecke unzählige. Einmal hat sich ein solches Insekt in meinem Halstuch verfangen und mir in den Hals gestochen, ein weiteres Mal als ich den Helm absetzen will und nun bei aufgeklapptem Helm in die rechte Augenbraue. Die Temperaturen fordern ihren Tribut.
Der Hotelbesitzer in Delphi hatte mir nach meiner Ankunft den Rat gegeben lieber zeitig am Morgen die Ausgrabungsstätte zu besichtigen, als am heißen Nachmittag. Die Anlage läge frühmorgens noch im Schatten der umliegenden Berge und die Temperaturen seien dadurch erträglicher. Um 9.30 Uhr stiefel ich im wahrsten Sinn des Wortes auf den Hügel und stelle zudem noch fest, dass der zwar sich in Grenzen haltende Touristenandrang, erst bei meinem Abstieg einsetzt. Delphi gefällt mir am Besten von allen Ausgrabungsstätten die ich bis dato auf meiner Tour gesehen habe. Sicher, das Theater von Epidaurus ist schon ein ziemlicher Hammer und das Theater von Delphi reicht da nicht ansatzweise heran, aber die Stadt ist besser und auf kleinerem Raum erhalten. Manche Mauern, wie zum Beispiel die des Stadions, sind in einem größeren Ausmaß erhalten und man erkennt die Präzision mit der die großen, unterschiedlich geformten Steine aneinandergesetzt worden sind. Das Stadion befindet sich an höchster Stelle der Stadt, denn nur hier ist innerhalb der Stadtmauern auch ausreichend Platz für eine Anlage diesen Ausmaßes. Alle anderen Gebäude am Serpentinen ähnlichen Weg sind terrassenförmig angelegt. Teilweise sind es noch die alten riesigen Steinplatten auf denen man sich bewegt, hat man alte Gebäudeteile wieder zu etwas erkennbarem zusammengesetzt. Im nahen Museum sind die gefundenen Gegenstände, wie Waffen, Werkzeuge, Krüge etc, aber auch Statuen, Fragmente von Fresken und Mauerverzierungen ausgestellt. Ganz besonders beeindruckt hat mich der Wagenlenker, der sich mit Ausnahme des fehlenden linken Arms in einem unglaublich guten Zustand befindet. Es wird gesagt, dass er nur deshalb so gut erhalten sei, weil er bei einem Erdbeben verschüttet worden sein könnte und somit nicht für spätere Zwecke, insbesondere der Erzeugung von Waffen, eingeschmolzen worden ist.
Da ich den Vormittag auf der Ausgrabungsstätte verbracht habe und mein nächstes Ziel die Meteora-Klöster sind, dazwischen aber nichts sehenswertes anzutreffen wäre, verzichte ich auf den knapp 250 km überwiegend auf Nebenstraßen. Bei Trikala, wenige Kilometer vor den Klöstern entdecke ich eine größere Motorradwerkstatt, die bei näherer Betrachtung auch westeuropäischem Standard genügen könnte. Wenn man in Kalamata einen vorrätig gehabt hätte, wäre der Hinterreifen schon dort getauscht worden, das Vorderrad war aber wichtiger. Nun wird es langsam Zeit für den Hinterreifen, denn zum einen habe ich einen ziemlichen Cut im Profil festgestellt und zum Anderen würde ich aufgrund des Profils schon länger in Deutschland keinen TÜV mehr bekommen. Aus einer geplanten Nacht in der Nähe der Meteora-Klöster werden somit zwei, denn der Reifen kann erst am nächsten Tag geliefert werden und auch mein rechtes Auge wird keine größeren Touren zulassen.
Schon von weiten sehe ich die steil aufragenden und scheinbar glatten Felsen die mich sofort an das Elbsandsteingebirge in der Sächsischen Schweiz erinnern. Erst beim Näherkommen kann man hoch oben vereinzelt Gebäude der insgesamt sechs von ehemals 24 bewohnten Klöstern erkennen. Eine Straße führt im hinteren Bereich an den Klöstern vorbei, so dass man ziemlich nahe herankommt, aber nur das Kloster Agio Nikolaos ist auch stufenlos erreichbar, das ich auch von innen besichtige. Ich fahre auf der Straße weiter und habe zwischendurch immer wieder einen spektakulären Blick auf das Klosterensemble.
In dem kleinen Dorf Kastraki bei Kalambaka finde ich dann ein Hotel, das mir den Aufenthalt leicht macht. Doppelzimmer zum Einzelzimmerpreis mit neuem Interieur und Boxspringbett und von meinem großzügigen Balkon aus, auf dem ich zur Zeit sitze und diese Zeilen schreibe, habe ich einen uneingeschränkten Blick auf die Felsen und einen Teil der Klostergebäude.
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